Geheimtipp La Drôme - Motorrad-Reise in Frankreichs Hinterland
Haute Cuisine und Zweiradgenuss vereint
Von den Felsen des Vercors bis zu den Lavendelfeldern der Provence ist die Drôme zugleich Licht und Schatten, Weite und Nähe, Weichheit und Wärme. Ihre Panoramen sind atemberaubend, ihre Aromen entzücken mit den Düften des Südens. Manchmal geheimnisvoll, manchmal vertraut, überraschend, aber immer authentisch!

Text & Fotos: Thilo Kozik/RKM
Das Département Drôme liegt im Südosten Frankreichs in der Region Auvergne-Rhône-Alpes und wurde nach dem Fluss Drôme benannt, einem Nebenfluss der Rhône. Nördlich liegt der Vercors, ein Gebirgsstock mit dem 2.341 Meter hohen Grand Veymont, südlich davon erstrecken sich die Baronnies, ein Hügelland mit provencalischer Anmutung. Den höchsten Punkt bildet mit 2.453 Metern der Rocher Rond.
Geheimes Kleinod statt Motorrad-Mekka - Motorrad-Reise nach La Drôme
Im Süden erstreckt sich die bekannte Provence, im Westen befindet sich das Zweirad-Mekka Ardèche und im Osten locken die grenzenlosen Kurven und Kehren der Seealpen da bleibt wenig Platz für das dazwischen liegende Département Drôme, sollte man meinen. Doch eine intensive Rundreise durch das dünn besiedelte Gebiet belehrt den Voreingenommenen eines besseren: Die Drôme ist mit zahllosen atemberaubenden Ausblicken, wechselnden Landschaftsbildern und einem gehörigen Schuss Kurvenaction versehen. Außerdem ist sie nicht so überlaufen wie die berühmteren Regionen ringsherum zumindest unter der Woche, denn am Wochenende genießen die einheimischen Zweiradfahrer aus der Metropole Lyon, aus Avignon und Grenoble die Highlights ihres Geheimtipps selbst.
Wer sich wie wir dem Kleinod von Norden nähert, biegt kurz vor Valence bei Tain lHermitage links ab von der A7, der Autoroute du Soleil, und lässt Hektik, Hitze und Betriebsamkeit des Rhône-Tales alsbald hinter sich. In Fahrtrichtung Osten dominiert ein gewaltiger Felsstock, der Vercors, den Horizont. Nur wenige kurvengeschwängerte Pässe führen durch dichtes und selbst im Sommer angenehm kühlendes Grün hinauf zu einer Art tief zerrissenen Hochebene.
Anreise nach La Drône in Frankreich
Für das im Südosten Frankreichs gelegene, 6530 km2² große Département Drôme empfiehlt sich die Anreise mit dem eigenen Roller über die französische A7, kurz hinter Lyon hat man das Zielgebiet bereits erreicht. Das Département wird vom Fluss Drôme in West-Ost-Richtung halbiert, nördlich liegt der Vercors, ein Gebirgsstock mit dem 2341 Meter hohen Grand Veymont, südlich davon erstrecken sich die Baronnies, ein Hügelland mit provencalischer Anmutung.
Das schroffe La Drône - Ein Hit für Biker und Widerstandskämpfer
Die Unzugänglichkeit und Einsamkeit dieses heutigen Parc Naturel Régional du Vercors diente französischen Widerstandsgruppen im Zweiten Weltkrieg als Rückzugsgebiet. Von hier aus setzte die Résistance Nadelstiche gegen die großen Transporte im Rhônetal, am 6. Juni 1944 rief sie sogar die freie République du Vercors mit mehr als 4000 Freiheitskämpfern aus. Doch schon anderthalb Monate später griff die übermächtige deutsche Armee von mehreren Seiten an, eroberte weite Teile des Felsstocks und nahm grausam Rache an Widerstandskämpfern und Zivilisten. Im damals niedergebrannten Vassieux-en-Vercors erinnert das Musée de la Résistance mit dem Ehrenfriedhof Cimetière National du Vercors an die Kriegsverbrechen.
Für Motorradler hat die unwirtliche Gegend mit der Cirque du Combe Laval jedoch ein absolutes Landschafts-Highlight zu bieten: Rund 600 Meter über der Schlucht schlängelt sich eine an senkrechten Felswänden klebende schmale Straße entlang, einzig ein sitzbankhohes Mäuerchen bewahrt vor dem Absturz. Nach kühlen, in den Felsen gehauenen Tunnels eröffnen sich atemberaubende Ausblicke über die schroffen Steine ins tiefe Tal, das gegenüberliegende Felsmassiv oder ins flache Vorland.
Dieser geradezu tollkühn in den Fels gehämmerte Weg bezaubert mit Aussichten und Abgründen, abwechselnd mit kühlen Felsgalerien und zeigt uns die ganze Schönheit dieser abgelegenen, schroffen Bergwelt. Überall warnen Schilder vor Steinschlag, und tatsächlich erfordern mit kleineren bis mittleren Gesteinsbrocken übersähte Fahrbahnabschnitte die ganze Konzentration. Plötzlich versperrt uns ein Bauzaun die Weiterfahrt nach dem letzten Unwetter hats hier einen Bergrutsch gegeben, der die Straße mit ins Tal gerissen hat. Da stellen wir unsere Motorräder lieber erst einmal in einer schmalen Ausweichbucht ab und genießen das überwältigende Naturschauspiel in aller Ruhe.
Die beste Reisezeit für La Drôme in Frankreich
Zwischen den Monaten April und Oktober zeigt sich die Drôme von ihrer angenehmsten Seite mit Temperaturen an die 30 Grad im Juli und August. Auf Regenschauer sollte man sich vor allem im April und Mai einstellen.
Entzückende Orte und überzeugende Winzer in La Drôme in Frankreich
Über den Vercors-Höhenzug gehts weiter nach Süden, über zahllose Kurven und den herrlichen Col de Rousset hinunter ins Tal der Drôme. Über die gut ausgebaute D93 folgen wir ihrem Lauf von Die bis Saillans, wo uns Jean-Claude Raspail in seiner Domaine de la Mure erwartet. Monsieur Raspail kultiviert auf organische Art die perlenden Clairette de Die und Cremant de Die, beide auf der seltenen Clairette-Traube fußend. Trotz Protest überredet er uns zu einem kleinen Probierschlückchen seines famosen AOC-Schaumweins und verrät, dass viele Prominente direkt beim ihm kaufen würden unter anderem die ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast.
Danach haben wir fürs Erste genug auf- und anregende Momente erlebt und fahren in Richtung der untergehenden Sonne bis zum entzückenden Örtchen Mirmande. Hier können wir unsere Motorräder in die Garage des netten Hôtel de Mirmande einschließen, als gelungener Abschluss gibt es im benachbarten Restaurant Chez Margot ein Menu Regionaux aus heimischen Spezialitäten.
Unterkünfte, Essen & Trinken in La Drôme in Frankreich
Die Drôme ist touristisch recht gut erschlossen, doch wer in den französischen Ferien im August reist, muss unbedingt vorbuchen. Das entspannte Gebiet genießt unter Franzosen den Status eines Geheimtipps. Die Drôme ist auch reich an lokalen Spezialitäten. Der Norden ist bekannt für Wild und andere Fleischgerichte, im Süden dominieren Oliven, eingelegt, als Paste oder zu Öl verarbeitet. Im Rhône-Tal finden sich Obstplantagen mit Pfirsichen, Aprikosen und Kirschen, hier befinden sich auch ausgezeichnete Lagen des berühmten Weines der Côte du Rhône. In der Umgebung von Die bietet dich eine Verkostung des Clairette oder des Cremant de Die an, einer echten AOC-Region.
Mit dem Motorrad durch abwechslungsreiche Landschaften in La Drôme
In Mirmande, diesem auf einem Hügel hoch über der Rhône thronenden Örtchen, scheint die Zeit still zu stehen. Nicht einmal mit einer Enduro kommen wir durch die engen und steilen Kopfsteinpflaster-Gässchen, und so erkunden wir den mittelalterlichen Ort einfach zu Fuß. Ganz oben bei der Kirche öffnet sich ein fantastischer Blick über das quirlige Treiben im Tal und macht Lust auf weitere Entdeckungsfahrten.
Die führen uns durch das Hügelland der südlichen Drôme, über Pässe in knapp 1000 Meter Höhe, vorbei an tief eingeschnittenen Schluchten und spektakulären Wasserfällen. Je weiter wir nach Süden vordringen, um so wärmer und mediterraner wird es. So kommen wir an ersten ausgedehnten Lavendelfeldern vorbei und erreichen das ländliche Zentrum Nyons, bei dem im Widerspruch zum Schulfranzösisch das s ausgesprochen wird.
Jeden Donnerstag findet hier der Wochenmarkt statt, auf dem die Bauern der Umgebung ihre Köstlichkeiten feilbieten und den neuesten Schwatz austauschen. Eine Fundgrube für Fotomotive und lukullische Offenbarungen, schade nur, dass heute erst Dienstag ist. Als Ausgleich hat Philip Soguel die Pforten seiner Distillerie Bleu geöffnet, in der er in riesigen Boilern ätherische Öle aus dem Kräutern und Pflanzen der umliegenden Bauernhöfe destilliert. Philippe verarbeitet vorzugsweise Lavendel, mit seinen begehrten Essenzen beliefert er die großen Duftmarken, Parfumhersteller und die chemische Industrie.
Olivenhaine und Sirup-Schlürferei - Ein würdiger Abschluss der Motorrad-Reise in La Drôme
Wir befinden uns mitten in der Landschaft der Baronnies, die sich bis zum legendären Mont Ventoux erstreckt und der man die Nähe zur südlich angrenzenden Provence deutlich anmerkt und anriecht. Mehr noch als diese sind die Baronnies landwirtschaftlich geprägt, an der Straße zwischen Nyons und Châteauneuf-de-Bordette finden sich zahlreiche Olivenhaine mit über hundert Jahre alten Bäumen. So hat sich Nyons zu einem Zentrum des Olivenanbaus entwickelt, die hier geernteten Früchte bekamen sogar eine eigene Appellation dOrigine Contrôlée (AOC) als geschützte Herkunftsbezeichnung zugesprochen.
Auf dem Weg zurück an die Rhône passieren wir zunächst das imposante Schloss Grignan und halten kurze Zeit später in Valaurie beim großen Funktionsbau der Domaine Eyguebelle. Darin befindet sich eine hocheffiziente Anlage zur Destillation aller möglichen Aromen von Anis bis zur Williamsbirne die Domaine Eyguebelle ist der größte und vielfältigste Sirup-Produzent Frankreichs, der ausschließlich Rohstoffe aus der Umgebung verarbeitet. Name und Ursprung des Unternehmens gehen auf die Mönche der nahegelegenen Abtei Aiguebelle zurück, die den gleichnamigen Kräuterlikör seit Jahrhunderten herstellen aber infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihre Anlagen und Rezepte 1996 verkaufen mussten.
Nach der ebenso erfrischenden wie alkoholfreien Trinkprobe machen wir uns wieder auf in Richtung Norden natürlich mit einer Flasche Lavendelsirup im schon prall gefüllten Reisegepäck.
Bericht vom 17.12.2021 | 30.845 Aufrufe