E-Bike Vorstellung |
KTM Freeride |
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März 2010. Aus der im Herbst 2008 entworfenen Vision wird Wahrheit:
KTM
bekennt sich zum österreichischen Zero-Emission-Sportmotorrad und gibt
den Fahrplan bekannt. Frisches Potenzial für den Geländesport,
langfristig sogar das Überleben, innovative Möglichkeiten für
Tourismusregionen eigentlich passt bei genauer Betrachtung die
Elektromobilität fast nirgendwo so gut hin wie zu KTM. |
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Der Preis der KTM Freeride ist mit unter 10.000 Euro avisiert, die
technischen Eckdaten sind mehr als beachtlich: Fahrzeuggewicht
(inklusive Akku-Paket) 90 Kilo; beste Brems- und Federungskomponenten
aus der Rennabteilung; noch aussagekräftiger als die Nennleistung mit
7,4 kW (10 PS) und die kurzfristige Spitzenleistung mit 22 kW (30 PS)
ist das enorme Drehmoment mit 43 Newtonmetern, das ab dem ersten Zupfer
am Drehgriff hellwach ist; der Lithium-Mangan-Akku hat einen
Energieinhalt von gewaltigen 2500 Wattstunden und ist nach nur
eineinhalb Stunden am Ladegerät schon wieder voll. Das reicht für eine
Stunde im Gelände, ein Straßen-Elektrofahrrad könnte damit gute 500
Kilometer weit kommen. |
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Die Maschine wirkt unglaublich leicht, schmal, zart und zierlich dabei
sehen die USD-Gabel, das Zentralfederbein, der Alu-Stahl-Rahmen und die
Bremserei so kompetent aus, als ob damit die Weltmeisterschaft nach
Hause geholt werden kann. Wir stehen mit DI Harald Fraueneder,
KTM-Entwicklungsleiter für elektrische Antriebe, in der R-&-D-Abteilung
in Mattighofen und lassen uns die Details des orangen Sportlers
erklären. Die KTM-Entwickler sind sich sehr wohl der besonderen Aufgabe
bewusst: Unter den Aspiranten auf die Freeride gibt es markentreue Fans,
die sich von KTM keinen technischen Patzer erwarten. Und es wird
Neulinge geben, die aufgrund der elektrischen Möglichkeiten überhaupt
zum ersten Mal mit einem Zweirad sportlich im Gelände unterwegs sein
werden. Die Mitbewerber Quantya und Zero sind bereits am Markt und haben
einige Jahre Vorsprung. |
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Was ist das Besondere an der KTM Freeride,
wodurch wird sie sich auszeichnen?
Der größte Unterschied zu anderen E-Crossern ist das
Hochspannungskonzept, meint Harald Fraueneder. Wir fahren nämlich mit
300 Volt. Dadurch können wir die relativ hohe Leistung besser handeln.
Bei geringerer Spannung müssten wir ziemlich dicke Kabel verwenden, um
die nötige Stromstärke zu übertragen. Ein spezielles Merkmal der Freeride ist auch, dass das zirka 21 Kilo schwere Akku-Pack blitzschnell
mit einem Handgriff zu entnehmen ist. Das eröffnet uns die Möglichkeit,
dass wir über innovative Ideen nachdenken zum Beispiel über die Miete
beziehungsweise das Leasing der Batterien. Außerdem muss man die
Maschine nach einer Offroad-Session nicht an die Ladestation hängen
andere Akkus rein und derselbe oder ein anderer Pilot kann sofort
weiterfahren. Weiters kann die Freeride die allerhärteste Behandlung
wegstecken: Die Technik der Antriebseinheit ist völlig gekapselt man
kann die Maschine einen Meter tief ins Wasser stecken und nachher
weiterfahren als wäre nichts geschehen.
Es fällt auf, dass trotz des kompakten Motors durch den darüber
sitzenden Akku der Gesamtschwerpunkt etwas hoch erscheint. Der Motor ist
eine Eigenentwicklung, die von einem Zulieferer nach KTM-Vorgaben
produziert wird, die Steuerelektronik wird von einem spezialisierten
Salzburger Automobilzulieferer entworfen und gebaut. Der Controller
bietet sich an, um verschiedene Motorcharakteristiken, vielleicht sogar
eine Traktionskontrolle abrufen zu können?
Das ist der Plan. Das Drehmoment ist so unmittelbar und immens, dass
wir sogar dazu gezwungen sind, verschiedene Leistungsstufen anzubieten.
Das wird ganz einfach über eine kleine Bedienungseinheit, die am
Steuerkopf platziert ist, möglich sein. Über die Rekuperation, also die
Energierückgewinnung beim Bremsen, denken wir gerade nach der
Knackpunkt dabei ist, dass dadurch im Gelände das Hinterrad niemals
blockieren darf. Beim Schwerpunkt liegen wir günstig: Er ist sogar
tiefer als bei einem herkömmlichen Geländemotorrad mit vollem Tank.
Besonderen Wert haben wir auf ein superleichtes Chassis gelegt, denn die
Summe aus Motor und Akku ist bei einem E-Bike deutlich gewichtiger als
bei einem Old-School-Motorrad: Dort wiegt der Motor bei einer 125er
gerade einmal 16 Kilo, und es kommen nur noch ein paar Kilo fürs Benzin
dazu. Diesen Nachteil müssen wir beim Gesamtgewicht der Elektrischen
wettmachen. |
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Durch die listige Verlegung der Bedienung der Hinterradbremse ans linke
Lenkerende (der gewohnte Kupplungshebel fällt ja weg) bekommt der
Freeride-Pilot den unschätzbaren Vorteil, dass man beide Beine am Boden
abstützen kann, wenn man einmal bei einer Steilauffahrt hängenbleibt
man kann Vorder- und Hinterrad per Handhebel blockieren.
Der Freeride-Prototyp in der KTM-Entwicklungsabteilung sieht bereits so
geschliffen und so fertig aus, als ob man damit vom Händlerschauraum
direkt auf die Piste fahren könnte. Was (bei einer gewissen räumlichen
Nähe) dann ja auch möglich sein wird, die Freeride soll ab Frühjahr 2011
nummerntafelfertig zu haben sein. |
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DIE TECHNIK DER KTM FREERIDE
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Motor: |
Permanent-Synchronmotor in
Scheibenläufer-Bauweise |
Nennleistung/Spitzenleistung: |
7,4 kW/22 kW (10 PS/30 PS) bei 6000/min |
Drehmoment: |
43 Nm bei 500/min |
Kraftübertragung: |
Direktantrieb ohne Kupplung mit Zahnradgetriebe
und Kette zum Hinterrad |
Akku: |
Li-Ionen-Mangan, 300 V, 2500 Wh |
Ladezeit: |
1,5 h |
Fahrwerk: |
Deltaboxrahmen mit
Alu-Schmiedekomponenten |
Federung: |
Upside-down-Gabel,
Monoshock mit progressiver Dämpfung |
Bereifung: |
21" Trial-Enduro |
Bremsen: |
radial montierte Bremskolben, Handbetätigung
für Vorder- und Hinterrad |
Gesamtgewicht: |
90 kg |
Spitze: |
70 km/h |
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Interview |
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KTM-Vorstand STEFAN PIERER über Achtelliter, Roller
und E-Mobilität |
ES WIRD EIN SPORTROLLER |
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Spätestens ab 2013, wenn die 3. EU-Führerscheinrichtlinie umgesetzt
wird, erlebt die 125er-Klasse in Österreich eine starke Aufwertung. Wird
KTM das Angebot ein bisschen danach ausrichten und die Palette
erweitern? |
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Selbstverständlich. Die dynamische Duke 125 wurde ja bereits in Mailand
2009 vorgestellt und ist für die Saison 2011 erhältlich. Für 2013 werden
wir dann insgesamt drei bis fünf neue Modelle haben. Alle mit
Viertaktmotor. Wir designen und entwickeln die Motorräder, die dann in
Indien von unserem Partner (Anm. der Red.: Bajaj, Indiens größter
Produzent von Autos, Zweirädern und Autorikschas) nach unseren
Qualitätskriterien gefertigt werden. Neben der Naked wird es eine
vollverkleidete Version geben, natürlich auch eine Supermoto. |
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Dann gleich die unvermeidliche Frage: Von zumindest einem namhaften
europäischen Hersteller weiß man, dass er demnächst in den Rollermarkt
eintreten wird. Gehört KTM da auch dazu? Die Marke hat ja mit den wenn
auch lang zurück liegenden Modellen Mirabell, Mecki und Ponny eine
gewisse Tradition. |
Sie können sicher sein, dass unter den drei bis fünf neuen Modellen ein
Roller sein wird! Und zwar ein wendiger Sportroller. Mit ordentlichem
Chassis und tollen Fahreigenschaften. Dazu noch eine wichtige
Information: Alle diese drei bis fünf kommenden 125er wird es auch in
einer 250-Kubik-Version geben. Damit zielen wir vor allem auf den
boomenden brasilianischen Zweiradmarkt. Da gibt es eine Volkswirtschaft,
die in Zeiten wie solchen ein stabiles Wachstum hat! Jährlich werden
dort sagenhafte 800.000 Viertelliter-Zweiräder verkauft. Das
KTM-Schicksal sehen wir nicht im Jammern, sondern im Erkennen der
Märkte. |
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Großes Thema Elektrik: Für Motorradhersteller vermuten wir momentan
vorerst einmal im Gelände mehr Sinn und mehr Glaubwürdigkeit als am
Asphalt, von manchen urbanen Aspekten einmal abgesehen. Außerdem hat die
Elektrik im Zweirad wesentlich weniger Nachteile als im Automobil. Wie
ist die KTM-Sicht der E-Mobilität? |
Ganz ähnlich. Sowohl beim Offroad-Motorradsport als überhaupt beim
Freizeitverhalten in der Natur führt da kein Weg vorbei. Wir können
nicht nur den Geländesport in Europa vor dem Untergang bewahren,
sondern mit frischen Ideen und Konzepten ganz neue Möglichkeiten
eröffnen: Zum Beispiel arbeiten wir daran, die Betreiber von
Skilift-Anlagen mit einzubinden und dadurch manchen Regionen einen
zusätzlichen Sommertourismus zu ermöglichen. Infrastruktur mit
Energieversorgung und Immobilien ist in Wintersportgebieten vorhanden
warum nicht mit einem Offroad-Park eine Sommersaison eröffnen? |
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Die ganz große Herausforderung steckt ja momentan nicht im Elektromotor,
sondern mindestens ebenbürtig in den Akkus und in der hochkomplexen
Regelelektronik. Wenn sich KTM hier wertvolles Know-how erwirbt, dann
wäre es vielleicht schade, falls das im Gelände verbleiben würde. Sind Straßen-E-Bikes in Planung, vielleicht auch Elektroscooter? |
Natürlich prüfen wir alle Möglichkeiten, die sich aus der E-Mobilität
ergeben. Den Supermoto-Ableger wird es ja fix geben. Ich beschäftige
mich seit 2006 intensiv mit dem Thema und nehme es sehr ernst deswegen
hat unsere junge Entwicklungsabteilung für Electric Drivetrains im
Unternehmen einen mit der klassischen Motorenentwicklung
gleichberechtigten Stellenwert. Aber es geht Schritt für Schritt: 2011
ist zu einem attraktiven Preis unser Freeride-Offroader am Markt. |
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Interessante Links:
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Text: Bernleitner /
Motomobil
Fotos: Bernleitner / KTM |