Voll im Öl

Warum braucht ein Motor Öl? Wieso brauchen wir spezielles Motorradöl? Fragen über Fragen. Ein paar Antworten dazu auf 1000PS.

Stolz  zeigt Nasty Nils seine Auszeichnung die er im Rahmen des "Wann guckst Du?" Seminars bekommen hat. Seine 2004er ZX 6 R musste letztes Jahr 7000 Rennstrecken-Kilometer ohne Ölkontrolle auskommen. Leider hat sie es nicht ganz überlebt. Sie hat  sich  mit einem Motorschaden bedankt. Deshalb hat er von Kawasaki und Castrol eine eigene Technik-Schulung samt Auszeichnung erhalten. Damit wir alle in Zukunft das Thema Motorrad-Öl mit mehr Respekt behandeln, hier ein paar Hintergrund-Infos zum Thema Öl. Der Abgelederte berichtet:
 

  Wieso braucht der Motor Öl?

Warum kann ich nicht Muttis altes Frittierfett reinschütten? Da ich leider auch keine Ahnung habe warum und wieso Öl notwendig ist habe ich mit einem Techniker von Castrol gesprochen. Der Mann ist Chemiker und hat mich mit Informationen voll gestopft die ich kaum verarbeiten konnte. Ein dickes Büchlein und eine CD Rom haben mir ein Wochenende versüßt.

1) Aufbau von Motorenölen:

Motorenöle bestehen aus Basisflüssigkeiten (Mineralöle oder Syntheseflüssigkeiten zb. Ester) und Additiven. Die Viskosität bzw. die SAE Klassifikation des Motoröls ergibt sich in erster Linie durch die Wahl und Kombination der Basisflüssigkeiten sowie der Menge und des Typs des Viskositätsverbesserers.

Wichtiger als die Viskosität ist die technische Leistung des Schmierstoffes, also für welchen Einsatzzweck (für welchen Motor) dieser Schmierstoff geeignet ist. Die technische Leistung eines Schmierstoffes kann man nur in praktischen Tests durchführen und diese Kosten sehr viel Geld.

2) Aufgaben

  • Schmierung: Das schmieren von aufeinander gleitenden Teilen ist von entscheidender Bedeutung. Dadurch wird Reibung und Verschleiß vermindert. Je besser dies gelingt, desto leichter läuft der Motor und es kann Treibstoff eingespart werden. Optimale Schmierung bedeutet optimale Leistung, optimaler Verbrauch und geringer Verschleiß.

  • Kühlung: Kühlung des Motors von Innen durch Wärmeabführung von Kolben, Zylindern, Kurbelwellenlagern, Nockenwelle usw.

  • Abdichtung: Abdichten des Ringspalts zwischen Kolben und Zylinder bzw. bei Ventilführungen

  • Korrosionsschutz: Neutralisation saurer Verbrennungsprodukte welche Metallteile angreifen können.

  Warum spezielles Motorradöl?


Die Punkte 1 und 2 gelten für alle Motoren. Motorräder haben aber ganz spezifische Anforderungen die beachtet werden müssen. Eine 1000er Gixxn beansprucht das Öl etwas heftiger als die 75PS Keksdosen von der Mitzi-Tante welche nicht schneller als 130 geht.  Wie man aus der Grafik unten ersehen kann, sind die Temperaturen im Ölsumpf beim Motorrad im Vergleich zu PKW und LKW am höchsten und die verfügbare  Menge Öl am niedrigsten. Die Unterschiede beim Öl können wie folgt zusammengefasst werden.

  • Keine Reibwert Veränderer um Kupplungsrutschen zu verhindern. Die Kupplung wird im Gegensatz zum PKW mit dem Motoröl mitgeschmiert. Reibwertveränderer oder englisch "Friction Modifier", sind Zusätze welche die Reibung an geschmierten Metalloberflächen vermindern.

  • Geringe Flüchtigkeit um die Verdampfung des Öls in der Verbrennungskammer zu reduzieren.

  • Niedriger Aschegehalt damit keine Frühzündung eintritt.

  • Hohe Scherstabilität um eine starke Viskositätsabnahme zu verhindern. Scherstabilität bedeutet das eingebaute Makromoleküle brechen können und dadurch die Viskosität vermindert wird.

   
  Öllatein

Alles schön und gut aber was bedeuten die lustigen Zahlen und Buchstaben auf den Ölflaschen. Zum Beispiel ein SAE 20W-50 API SG, JASO MA Öl.

SAE steht für Society of Automotive Engineers veröffentlichen Handbücher mit technischen Normungen und Viskositätsklassen.

20W 50:
20W: Dieses Öl hat  eine Viskosität von 9500cP*  bei -15 Grad Celsius.
50: Die Viskosität bei 100 Grad Celsius liegt minimal bei 16,3 cSt** und maximal  <21,9 cSt

* Centipoise Einheit der dynamischen Viskosität
**Centistoke Einheit der kinematischen Viskosität. Die Beziehung zwischen beiden lautet Dynamische Viskosität durch Dichte ist gleich kinematische Viskosität.

Grob gesagt geht es um das Verhältnis zwischen Kälte und Wärmeverhalten des Öls.  Das Öl muss ja in allen Extremlagen funktionieren obwohl die wenigsten Motorradfahrer bei Minus 10 Grad den Bock starten muss es theoretisch möglich sein.

API SG:
API: American Petrol Institute - die Herrschaften erstellen Klassifikationssysteme für Motor und Getriebeöle.
SG: Das Öl entspricht der 1988 festgesetzten  Leistungsanforderung der Automobilindustrie für Benzinmotoren. verschärfter Schlammtest und Oxidationstest.

JASO MA:
JASO: ist die Abkürzug für "Japanese Automotive Standards Organisation"
MA: heißt das dieses Öl "kupplungsgetestet" ist. Damit ist sichergestellt das bei Verwendung des Schmierstoffes die Kupplung nicht anfängt zu rutschen. Steht MB auf der Flasche oder gar nichts so wurde nicht getestet. Besonders dieser Punkt ist bei modernen Motorrädern mit Nasskupplungen besonders kritisch.
 


 

  Ölverbrauch:

Einen Motor der kein Öl verliert gibt es nicht. Selbst moderne Motoren verbrauchen Öl .  Der Ölverbrauch hängt von folgenden Faktoren ab.
  • Passung der Kolbenringe in den Kolbenringnuten
  • Form und Anpressdruck der Kolbenringe
  • Öldichtheit des Motors nach außen
  • Verdampfungsverlust des Motoröls bei hoher Öltemperatur.

Deshalb sollte man hin und wieder durch das Ölguckglas schauen. Am besten ein paar Minuten nachdem man den Motor abgedreht hat, denn das Öl muss wieder in die Ölwanne zurück. Fehlt Öl dann nachfüllen, in der Betriebsanleitung findet man Informationen welches Öl eingefüllt werden soll.

Obwohl das Thema Öl eine ziemlich trockene und langweilige Angelegenheit ist sollte man beim Ölkauf ein wenig drauf schaun was in der Flasche ist. Es ist zwar verlockend zum 4 Euro Öl zu greifen, aber man sollte auf alle Fälle darauf achten ob die billige Grütze die Anforderungen des Motorrades erfüllt. Kupplung, Motor und Getriebe werden es Dir danken.

Autor
DerAbgelederte

DERABGELEDERTE

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Bericht vom 11.05.2005 | 10.836 Aufrufe

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