Käufliche Ducati MotoGP Technologie?

Wie sich die Rennsport Entwicklung auf den Serienbau auswirkt

Die meisten großen Motorradhersteller geben viel Geld aus, um in den höchsten Motorradklassen Erfolge einzufahren. Ist das reines Marketinggehabe oder gibt es noch andere Bereiche, die von diesem großen Invest noch profitieren?

Um das genauer hinterfragen zu können, wurde die Entwicklungsabteilung von Ducati in Bologna besucht und den relevanten Personen diesbezüglich auf den Zahn gefühlt.

Ducati seit der Audi Übernahme in besserer Lage

Allen voran der Ducati CEO Claudio Domenicali. Bei einem lockeren Abendessen plauderte er etwas aus dem Nähkästchen über die aktuelle Situation bei Ducati, was die Hauptziele bei Ducati sind und wie sich die Übernahme durch Audi in verschiedenen Bereichen ausgewirkt hat. "Die Lage bei Ducati hat sich seit der Übernahme in Summe verbessert. Gerade im Bereich Qualität und Entwicklung wo jetzt auch Synergien genutzt werden, konnte deutlich ausgebaut und verbessert werden."

Der Weg von der Rennstrecke in den Serienbau

Bei Ducati gab es auch in der Vergangenheit bereits immer einen sehr engen Kontakt zwischen der Renn- und Entwicklungsabteilung. Um diese Zusammenarbeit nochmals zu Verbessern hat Ducati eine eigene Schnittstelle geschaffen, um den Transfer von Know How und Ideen vom Moto GP Einsatz effizienter in die Serienentwicklung zu gestalten. Viele der neuen Systeme die wir von den aktuellen Ducati Motorräder vorfinden, haben die Wurzeln in der Moto GP.

"Leider kann nicht alles 1 zu 1 übernommen werden, da sich das elektronische Lay Out von GP Bikes zu der Serienvariante oft deutlich unterscheidet. Deshalb müssen hier manchmal Kompromisse eingegangen werden", so der verantwortliche Chef der Entwicklung Luigi Mauro.

Luigi Mauro - Entwicklungschef bei Ducati.
Luigi Mauro - Entwicklungschef bei Ducati.

Und gerade die Elektronik ist ein immer größer werdender Bereich, da die Fahrbarkeit immer mehr über die elektronische Abstimmung generiert wird. Aber nicht nur die Elektronik profitiert vom Know How Transfer. Auch Chassis Themen finden oft auch den Weg in die Serienfertigung.

Die Feinabstimmung wird dann noch von Allesandro Valia, dem Cheftestfahrer und ehemaligen Rennfahrer von Ducati durchgeführt. "Einiges, dass ursprünglich vielversprechend war konnte dann nicht sinnvoll in der Serie angewendet werden. Der größte Teil aber findet mit einer Verzögerung von ca. 2-3 Jahren Einzug in die nächsten Entwicklungsstufen." Eine relativ kurze Zeitspanne in Entwicklungsbereichen.

Allesandro Valia - Cheftestfahrer bei Ducati
Allesandro Valia - Cheftestfahrer bei Ducati

Die gesamte Modellreihe profitiert vom GP-Einsatz

Am meisten profitieren natürlich die sportlichen Motorräder wie die Panigale vom Know How Transfer, aber selbst der Touring Sektor bekommt einiges von den Neuerungen mit. Somit kann man schon zusammenfassen, dass wir alle mit kleiner Verzögerung von den teuren Entwicklungsprozessen in der Moto GP Nutzen tragen können. Und auch ihm Controlling kann somit das riesige Racing Budget so auf Marketing und Entwicklung aufgeteilt werden.

Wie wirken sich die Neuerungen im Fahrbetrieb aus?

Dadurch profitieren die Serienmotorräder bei Ducati maßgeblich von den Errungenschaften im Rennsport. Besonders die Elektronik hat in den letzten Jahren einen gewaltigen Fortschritt gemacht. Nachdem ich die meiste meiner Rennsportzeit noch komplett ohne Fahrhilfen unterwegs war, danach mit den ersten Traktionskontrollen und nun bis zum heutigen Stand der Technik, kann ich ein gutes Resümee darüber ziehen. Es gab kaum einen Bereich der einen solchen Fortschritt in letzter Zeit in der Motorradtechnik gemacht hat. Die heutigen Fahrhilfen gliedern sich mittlerweile in verschiedene Bereiche. Bei Ducati sind das Power Control, Traktionskontrolle, Slidekontrolle, Engine Brake, Wheeliekontrolle. Jeder dieser Regelungen haben die Wurzeln im Rennsport, wo diese auch immer weiter verfeinert werden. Mittlerweile ist hier eine Regelungsgüte entstanden, die bei den meisten Fahrern deshalb sogar unbemerkt nur im Hintergrund tätig ist. Um hier mehr Transparenz zu haben, hat Ducati eine pfiffige Lösung gefunden. Jede dieser Regelungen wird im Display mit einem eigenen Symbol dargestellt und beginnt bei Eingriff zu blinken. Somit erkennt man nicht nur ob ein Eingriff stattfindet, sondern auch von welcher Regelung. Somit kann selbst der unerfahrene Fahrer die Eingriffe gezielt nach seinen Wünschen justieren, was besonders auf der Rennstrecke hilfreich ist.

Ducati Panigale V4 S
Ducati Panigale beim Test der Ducati Panigale V4 S.

Regelungen die mehr Performance kosten als bringen, gehören somit der Vergangenheit an. Der Motor liefert nur genauso viel Power, wie die aktuelle Fahrsituation verträgt. Wer also die volle Leistung des Motors besonders in den unteren Gängen spüren möchte, für den gibt es heute nur mehr eine Lösung -> Elektronik aus!

Autor
Martin_Bauer

MARTIN_BAUER

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Bericht vom 20.06.2023 | 8.953 Aufrufe

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