der zweite Teil des Libyen-Berichtes
Als wir in der Früh aufstehen, sind sie immer noch nicht hier. So ein Mist, was müssen sie denn auch mit einem 27 Jahre alten VW Bus in ein Dünengebiet fahren. Gut, es nützt eh nichts, fahren wir halt über die "leichte Route" Richtung Mandara See und schauen wir, ob wir ihnen helfen können. Nach etwa 15km kommen sie uns entgegen entgegen. Das gibt es doch nicht, sie haben es tatsächlich geschafft. Eine uralte Klapperkiste mit 1,5 Tonnen Gewicht und 50PS fährt zum Mandara See. Diese Meldung spricht sich unter Wüstenfahrern schnell durch, sodass die beiden in den kommenden Wochen auch 1000km entfernt noch gefragt werden ob sie das waren, die diese Strecke gefahren sind. | ![]() |
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Unsere Hilfe ist somit nicht erforderlich, daher fahren wir Motorradfahrer zum Mandara und weiter zum Um el ma See und von dort aus über die schwierige Strecke, welche direkt zum Campingplatz führt aus dem Dünengebiet hinaus. Was ich immer wieder gelesen habe stimmt wirklich. Die Dominator ist, obwohl man es ihr nicht ansieht, mit den richtigen Reifen, ein absolutes Wüstengerät. Obwohl ich nun schon fast 90.000km drauf habe ist das Fahrwerk noch immer absolut stabil und beginnt erst bei etwa 100km/h im Tiefsand leicht zu pendeln. Auch die Kupplung und das Getriebe verzeiht den harten Einsatz im Sand problemlos. Auf der Rückfahrt zum Campingplatz treffen wir zwei Nigerianer, die mit Silberschmuck, den sie unterwegs verkaufen, zu Fuß von Nigeria nach Libyen gehen. | ![]() |
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Eine gute
Gelegenheit eine Kleinigkeit für die zu Hause gebliebene Weiblichkeit zu
kaufen. Wieder am Campingplatz treffen wir unsere beiden VW-Bus-Helden und
Gerhard holt sein Snowboard vom Dach. Die Einstiegsdüne hier am
südlichen Rand des Erg Ubari ist wie geschaffen, diesem Hobby nach zu
kommen. Gerade als Gerhard das dritte mal auf dem Weg zum Dünengrat ist
kommen drei Einheimische im Alter zwischen 19 und 21 dazu. Sie wollen
unbedingt snowboarden lernen. Der restliche Nachmittag wird mit
herumblödeln und unglaublich viel Gelächter verbracht. Wir stellen
gemeinsam fest, dass wir doch eigentlich alle gleich sind. Wir haben
ähnliche Träume und Ziele, Ängste und Hoffnungen. Das einzige was uns
unterscheidet ist Hautfarbe und Sitten, doch die Kultur der
Freundlichkeit, des Humors und des
Einfach-ein-schönes-Leben-haben-Wollens verbindet uns. |
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In ein paar Jahren
wird man uns einreden, dass jeder Moslem ein potentieller Terrorist ist,
Tatsache ist, dass ich in unserer westlichen Gesellschaft wesentlich mehr
Gewaltbereitschaft spüre als hier in Libyen. Die Stunden an diesem
Nachmittag vergehen wie im Flug und am Abend verlassen uns unsere neuen
Freunde wieder, denn sie müssen nun endlich dort hin, wohin sie
eigentlich schon vor Stunden unterwegs waren. Wie gut wäre es jetzt zum
Abendessen ein Bier zu genießen, doch aus Respekt vor den islamischen
Sitten haben wir keinerlei Alkohol mit genommen
Am nächsten Morgen wird die Kette gespannt und geschmiert, gefrühstückt, gezahlt und los geht es wieder. Fahren über die schwierige Route nach Mandara und weiter nach Um el ma. |
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Dadurch, dass wir mit dem Motorrädern ohnehin schneller sind als die beiden mit dem Bus, geben wir ihnen einen Tag Vorsprung und beschließen noch einen Tag im Sand zu verbringen. Bis zum Abend treffen dann ein Schweizer Aussteiger, ein Pärchen mit KTMs und zwei Schweizer mit einem Land- Rover ein. Verschieße fast einen ganzen Film, denn die Landschaft hier ist wie aus einer anderen Welt. Inmitten der Sanddünen liegt ein glasklarer See, umzingelt von Dattelpalmen, deren Früchte ausgezeichnet schmecken. In den letzten Tagen sind mir hier in der Sahara einige Dinge, mein Leben betreffend, klar geworden. | ![]() |
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In der Früh stehen wir kurz nach sieben zum Fotografieren auf und fahren gegen 9.00 Uhr los, sodass wir gegen 10 wieder am Campingplatz sind, von wo wir gegen halb zwölf weiterfahren. In Germa besorgen wir uns Brot, welches uns vom Bäcker geschenkt wird und tanken unsere Maschinen voll. Nach etwa 20 km springt Gerhard wieder einmal die Kette heraus. Wir verbinden diese Zwangspause gleich mit einer Jause. So robust sich unsere Motorräder halten, so große Sorgen machen uns mittlerweile die Antriebsketten. Unser heutiges Ziel ist das Wadi Mathendous, wo es 30.000 Jahre alte Felszeichnungen von einer längst untergegangenen Kultur geben soll. | |
Beim ausgemachten
Treffpunkt sind zwar frische Busspuren, aber die beiden sind schon weg.
Als wir zum nächsten Punkt fahren, merke ich, dass die im Reiseführer
angegebenen Koordinaten offensichtlich falsch sind. Trotzdem finden wir
eine trailmäßige Abfahrt in die Schlucht, aber auch hier sind die beiden
nicht. Wir schlagen im Wadi unser Zelt auf und finden bald im Umkreis von
etwa 2 Kilometer mehrere Felszeichnungen mit Gazellen, Straussen Giraffen,
sowie Jagdmotiven. Für morgen haben wir einen weiteren Treffpunkt
ausgemacht. |
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Nur nicht vom Gas
gehen und nur nicht ruckartig mehr Gas geben. Das sind die beiden
Gedanken, die mir am morgen bei der Auffahrt aus der Schlucht durch den
Kopf gehen. Der Einzylinder schlägt sich im zweiten Gang über die
Steinblöcke nach oben und benötigt jedes der 53Newtonmeter um nicht
abzusterben, während ich mich weit über den Lenker nach vorne lehne um
nicht einen Überschlag nach hinten zu machen. Oben angelangt bemerke ich,
dass Gerhard nicht soviel Glück hat wie ich. Er hat sich sein Motorrad
mit einem Stein unter dem Motorschutzblech aufgebockt, sodass nun beide
Reifen in der Luft sind. Zu zweit schaffen wir es die 180kg auf die Seite
zu hieven und Gerhard schafft die Auffahrt. Die etwa 80km lange Rückfahrt
bringen wir mit voll aufgedrehtem Gashahn hinter uns, wobei durch die
kürzere Übersetzung (50er Zahnkranz statt 46er original) unserer Hondas
und den tiefen Sand, der ordentlich an der Leistung frisst nur 120km/h als
Topspeed erreicht werden. |
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Danach treffen
wir wieder auf das Hippie-Mobil mit dem großen Tirol-Aufkleber. Laut
Karte müssten wir nun einfach etwa 55km nach Osten fahren und so zur
nächsten Ortschaft gelangen. Sicherheitshalber messe ich mir aus der
Landkarte noch die Koordinaten der Stadt Tesawa heraus und klopfe sie ins
GPS, während Gerhard bei seiner Maschine Benzin nachfüllt. Nach meiner
Berechnung müsste ich mit dem größeren Tank auch so durchkommen. Kurz
nach Beginn des Sandfeldes drehe ich auf Reserve. Anstatt ganz normal
weiter zu fahren und mir notfalls von den Anderen Benzin von der
Tankstelle in Tesawa bringen zu lassen, will ich unbedingt selbst
durchkommen. Aber die Strafe für dieses sture Verhalten bleibt nicht
lange aus: Ich fahre also mit etwa 100km/h über den Sand und will es
unbedingt vermeiden, vom Gas zu gehen um nicht danach wieder beschleunigen
zu müssen. Manchmal sieht man in der Ferne Geröll aus dem Sand ragen,
doch wenn man darüber hinwegglüht, merkt man außer ein wenig Unruhe im
Fahrwerk nichts. Warum also vom Gas gehen. Ich nehme diese Geröllstreifen
gar nicht mehr so richtig wahr. Plötzlich entpuppt sich bei Tempo 100
einer dieser Streifen etwa 10 Meter vor mir als frisch geschobene Piste.
Um Schotteruntergrund zu haben wurde diese Piste etwa einen dreiviertel
Meter tief geschoben. Somit ergibt sich die Form eines Grabens mit
senkrechten Flanken und etwa 5 Meter Breite. Was soll ich tun? Bremsen -
keine Chance. Reflexartig gebe ich Vollgas. Ich sehe das folgende wie in
Zeitlupe: Ich springe über die eine Flanke, der Graben ist zu breit. Ich
schaffe es nie bis auf die andere Seite. So das war der Urlaub gleich wird
es weh tun. Schade. Im nächsten Moment höre ich es krachen. Das arme,
alte Federbein schlägt voll durch. Ich versuche mich mit aller Kraft am
Motorrad zu halten, während mein Oberkörper schon auf dem Lenker liegt.
Laut Fachliteratur absolut das Falsche, aber was die Literatur nicht
weiß, ist, dass ich viel Gepäck dabei habe, was hier wahrscheinlich
einen Überschlag verhindert. Außerdem hat die Sprungweite gereicht, so
dass zumindest das Vorderrad den Graben völlig übersprungen hat. Jetzt
kann mir nichts mehr passieren wenn ich diesen Unfall verhindern konnte,
dann kann ich es auch weiterhin. Dieses Ereignis hat mich nicht gedämpft
sondern gestärkt. Nur aufpassen sollte ich in Zukunft etwas besser. Ich
komme mit dem letzten Tropfen Benzin zur Tankstelle. 26 Liter gehen rein
(in einen 23 Liter Tank!?). Während des Wartens auf den Bus machen wir
uns Gedanken über die Ketten. Gerhard kann nicht mehr spannen und ich
habe auch nur noch maximal 3 Millimeter. Gegenüber entdecken wir eine
Garage, die wie eine kleine Werkstatt ausschaut. Der Mechaniker kann uns
tatsächlich helfen und innerhalb einer Stunde sind beide Ketten gekürzt.
Inzwischen sind auch unsere zweispurigen Freunde eingetroffen. Wir fahren
noch etwa 30km bis zu einem schönen Schlafplatz und verbringen den Abend
mit stundenlangem Kartenspielen. |
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Am Morgen schlafen
wir bis uns die Sonne gegen 8.00 Uhr weckt. Nach einem ausgiebigen
Frühstück fahren wir nach Murzuk und schauen uns den Markt an. Danach
steht ein Libyer vor uns und hält Gerhards Gepäckrolle in der Hand. Er
hat gesehen wie Gerhard sie verloren hat und ist uns die 30 Kilometer bis
hier her gefolgt. Ich überweise das Geld für die Einladung nach Libyen
an Omar. Eine Einladung ist erforderlich um das Visum zu bekommen und zum
Glück konnten wir einen ehemaligen Gastarbeiter ausfindig machen, der uns
weiter half. Wir fahren nach Zuwara wo sich die letzte Tankstelle befindet
bei der wir uns die Tanks und Kanister für die Fahrt zum Wau an Namus
voll füllen. Einige Kilometer später passieren wir das Dorf Timsah wo
der Asphalt aufhört und rund 10km weiter finden wir einem schönen
Nachtplatz am Anfang der Route zum Wau an Namus. Wollen morgen früh los,
weil sich Harry da mehr Chancen ausrechnet das Sandfeld, welches das erste
Hindernis am Anfang der Route bildet, zu schaffen. |
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Wache in der
Nacht gegen vier Uhr auf und muss aufs Klo. Will aber nicht aufstehen,
denn draußen ist es kalt, außerdem muss ich Schuhe anziehen, diese aber
zuvor ausschütteln, denn am Abend habe ich einen Skorpion gesehen. Was zu
Hause so einfach ist kann hier schnell zu einem lästigen Problem werden.
Stehe dann doch gegen fünf Uhr auf. Eine Stunde später gegen sechs Uhr
müssen wir dann sowieso auf. Alles geht flott und so kommen wir
planmäßig kurz vor halb acht weg. Wir verfahren uns zunächst, setzen
unsere Fahrt rein nach GPS fort und erreichen das Ende des Sandfeldes
problemlos gegen 10.00 Uhr. Somit sind wir wieder auf der Piste. Heute ist
Sonntag, das bedeutet genau jetzt ist zu Hause in Innsbruck im Treibhaus
das Jazzfrühstück. Also wird auch im Bus Jazz eingeschaltet, während
wir bis gegen 11.00 Uhr frühstücken. Gerhard ist mit zwei 20L Kanistern
ordentlich beladen (ich habe 2x 10L + Topcase) und jammert, dass das
Fahrverhalten des Motorrades so schlecht sei. Außerdem hat er ein
ähnliches Fast-Unfall-Erlebnis wie ich vor zwei Tagen. Wir füllen nach
etwa 80km die beiden Tanks aus seinen Kanistern voll an und er hat das
Gefühl als hätte man ihn ein neues Fahrwerk eingebaut. Ab jetzt gibt
auch er wieder, so wie ich es von ihm gewohnt bin, ordentlich Gas. Wir
kommen gut voran und erreichen die Abzweigung vor Wau el Kebir gegen 13.30
Uhr. Birgit und Harry kommen etwa zwei Stunden später. Die beiden wollen
noch etwa 45 Kilometer zum so bezeichneten Punkt B34 fahren, bleiben aber
dann doch nach etwa 45 Minuten etwa 25Kilometer vorher stehen. Wir haben
nur mehr 20 Liter Wasser (für drei Tage und vier Personen), plus den
privaten Notreserven mit denen Gerhard und ich immer unterwegs sind (jeder
etwa 3 bis 4 Liter), denn wir brauchen durch die Anstrengungen beim Fahren
immer wieder Trinkpausen.
Am Morgen fahren wir gegen 8.30 Uhr los
und zunächst bis zum GPS-Punkt B34. Dort steht ein großer Akazienstrauch
und wir beschließen, dass es hier ideal für ein Frühstück ist.
Während wir hier mitten im Nichts herumsitzen kommt ein Linzer und ein
Französisches Pensionistenpaar vorbei. Es sind sympathische Leute, und so
werden auch gleich Landkarten herausgefischt und Koordinaten ausgetauscht.
Gerhard und ich sind stolz, hier nun einige hundert Kilometer auf der
Strecke zu fahren, wo ein Monat vorher die Dakar 2000 stattgefunden hat. |
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Die Franzosen
erzählen uns voller Ärger einen Vorfall den sie scheinbar vor einigen
Jahren bei der Dakar beobachtet haben. Ein einheimisches Kind wurde
überfahren und die Eltern danach mit einer lächerlichen Geldsumme
abgespeist. Und, so sagen sie weiter, wenn ihr beim Wau an Namus seid,
dann werdet ihr sehen mit welchem Respekt vor der Schönheit der Wüste
bei der Dakar umgegangen wird. Wir fahren gegen 11.15 Uhr weiter und
kommen gut voran. Etwa 25km vorm Wau verlieren wir die Piste und fahren
rein nach GPS die Tiritissima. Diese Strecke hat absolute Trailqualität
(1. Gang stehend). Fahren einen erloschenen Vulkan rauf, in den Krater
hinab (felsiger Untergrund, kein schwarzer Sand!!!), auf der anderen Seite
wieder raus... Schlussendlich erreichen wir den Wau gegen 13.30 Uhr (40
Minuten für 25 Kilometer!!!). Nun wissen wir was die beiden gemeint
haben. |
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Der Wau ist ein erloschener Vulkan. Der Krater hat einen Umfang von rund 10 Kilometer und im Krater befindet sich ein zweiter Kraterhügel um den herum viele verschiedenfarbige Seen sind. Hier mitten in der Extremsahara, wo es oft über viele Jahrzehnte keinen messbaren Niederschlag gibt ist dieses Wasser das einzige im Umkreis von vielen hundert Kilometern. Ein weiteres Element, das die Schönheit dieser Landschaft verstärkt ist die nur wenige Zentimeter dicke schwarze Sandschicht. Leider kann man dadurch die Spuren von Fahrzeugen über lange Zeit als gelbe Streifen ausmachen. In sämtlicher Literatur wird ersucht, die Kraterinnenseite selbst nicht zu befahren um nicht bleibende optische Narben zu hinterlassen. | |
Nun wenige Wochen
nachdem die Dakar hier vorbei kam sind viele dieser Narben zu sehen. Bitte
mich nicht falsch zu verstehen, ich ziehe den Hut vor dem Können und dem
Einsatz der Teilnehmer und vor allem der Privatfahrer. Eine Strecke, für
die wir 7 Stunden benötigten wurde bei der Dakar in rund zwei Stunden
bewältigt, wenn ich aber von solchen Auswüchsen höre oder sie sehe,
dann frage ich mich, was wohl die Motivation ist, die da dahinter steht.
Gegen 17 Uhr tuckert eine Staubwolke langsam auf den Wau an Namus zu, die
sich als VW Bus herausstellt. Am Kraterrand stellen wir unser Nachtlager
auf und sobald es dunkel wird wissen wir, warum der Wau an Namus
übersetzt "Mückenkrater" heißt.
In der Früh wache ich gegen sieben auf. Gerhard steht zwecks fotografieren gleich auf und geht zu den Seen, während ich die Landkarten herauswühle und mir Gedanken wegen unserer Kieswüstendurchquerung mache: 200 km Kieswüste plus 200 km Asphalt bis zur Tankstelle in Hun ab Timsah. Wir haben geplant als Abkürzung und auch als Herausforderung eine Strecke zu fahren, über die es keine Routenbeschreibung gibt. Auch wenn jede Landkarte von Libyen Fehler bis zu 30 Kilometer aufweißt, gehen wir doch davon aus, dass unsere Russischen Militärkarten zumindest ansatzweise das Gelände richtig wiedergeben. Etwa eine Stunde nach Gerhard verlasse auch ich mit dem Fotoapparat bewaffnet das Zelt. Erst der lange, dann die Salzfläche und dann der rote See werden abgelichtet. Auf dem Weg zum Kraterhügel treffe ich Gerhard, kurz später auch Birgit und Harry und wir gehen den restlichen Weg über den Kraterhügel, zum grünen See und zum Zelt zurück gemeinsam. Die Vorbereitungen für die Rückfahrt dauern, und so ist es 13.00 Uhr bis Gerhard und ich wegkommen. Gegen 15.00 Uhr erreichen wir den gestrigen Frühstücksplatz und legen eine kleine Pause ein. Um 16.00 Uhr sind wir im Gästehaus bei Wau el Kebir. Die Strecke ist Materialmordend (Kettenführung abgebrochen, Schraube bei Kettenschutz verloren), aber das Motorrad hält sich unglaublich gut. Es läuft völlig problemlos und der Ölverbrauch liegt mit 0,1L/1000km auf absolut tolerierbarem Niveau. Im Gästehaus kann ich nach 7 Tagen endlich wieder einmal Duschen, denn der Sand ergibt in Kombination mit dem Schweiß eine Art Schleifpaste, sodass die Haut teilweise schon wundgeschliffen ist. Das Gästehaus ist eigentlich eine Militärstation aber da das campieren um diese verboten ist gibt es für Touristen die Möglichkeit hier zu übernachten. Wer sich übrigens nicht an die Sperrzone hält (wie groß die ist, weiß eigentlich keiner, vermutlich so um die 20km), wird mehr oder weniger freundlich in das Gästehaus "gebeten". Über Unfreundlichkeit können wir uns jedenfalls nicht beschweren, ganz im Gegenteil und am Abend bekommen wir ein Kamelgulasch aufgetischt, das meinen Geschmack voll trifft während Gerhard hungrig ins Bett geht. Inmitten einer lebensfeindlichen und
absolut toten Umgebung sitzen wir in einer Oase des Lebens. Wir haben
ausreichend Wasser und noch mehr davon. Gleich neben dem Gästehaus gibt
es auf künstlich bewässerten Feldern alle möglichen Arten von Obst und
Gemüse. Das Wasser wird aus 800Meter tiefen Brunnen heraufgepumpt, aus
ökologischer Sicht ein Wahnsinn, doch wer kann es den Libyern verübeln,
dass sie hier und da die Wüste begrünen wollen. Gegen halb elf taucht
der ratternde Bus auf. Die Stimmung ist gelöst und so fahren wir gegen
Mittag weiter, nachdem wir uns in etwa 80 km Entfernung einen Treffpunkt
ausgemacht haben. In einer Stunde sind die Hondas dort. Während wir auf
unsere Kollegen warten sehen wir immer wieder uralte LKWs Richtung Süden
fahren. Wo die wohl hin wollen? |
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Gegen 15.00 Uhr erreichen wir alle gemeinsam das Sandfeld am Eingang der Route. Wir durchqueren es bis zu einem wunderschönen Schlafplatz inmitten von Dattelpalmen, deren Früchte sehr gut schmecken. Hoffentlich habe ich nicht schon zu viel davon gegessen (Durchfall). Später messe ich mir noch die Koordinaten für die morgige Wüstendurchquerung heraus und entwerfe die Route. Sie hat eine Länge von rund 175 km bis zum Erreichen einer Asphaltstraße. Sehe ihr jetzt ganz positiv entgegen. Jetzt am Abend wird es wieder schnell kalt, doch heute haben wir ein wärmendes Lagerfeuer gemacht und verbringen somit bis spät in die Nacht eine gute Zeit miteinander. | ![]() |
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Am nächsten
Morgen fahren wir als erstes zur Tankstelle in Timsah wo wir durch Zufall
ein paar Innsbrucker treffen. Als sie von unserer geplanten Abkürzung
erfahren, empfehlen sie uns eine kleine Kurskorrektur, weil die Landkarte
scheinbar eine Geländestufe um etwa 15 km zu weit östlich zeigt. Sie
geben uns also von einem wichtigen Punkt in der Mitte der Strecke die
Koordinaten. "Wenn ihr die Metallstange findet, dann brauchts nur
mehr geradeaus weiterfahren" Na super, sag ich zu einem Wiener, er
soll einfach nach Westen fahren und wenn er nach 100km eine Stange findet
einfach weiter dann kommt er nach Salzburg. Gut, wir haben GPS und ganz
unerfahren sind wir nun auch nicht mehr, so fahren wir in die Strecke ein.
Mit Ausnahme eines rund 15 km langen Stückes in Streckenmitte lässt die
Route Geschwindigkeiten von gut 100km/h zu. Kurz vor Al Fogaha schlagen
wir in einem Wadi unser Lager auf und verkriechen uns schon bald in die
Schlafsäcke. |
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Nach 7 Kilometer
treffen wir auf die Straße. Die letzte Offroadetappe liegt hinter uns.
Nachdem wir die Straße Sebha-Tripolis erreichen wird die Landschaft etwas
abwechslungsreicher und erinnert an Marokko. Wegen des lästigen
Gegenwindes kommt der älteste Teilnehmer unserer Reise, der Bus, nur mit
etwa 60km/h voran und wir müssen entsprechend lange warten. Gegen 16.30
Uhr kurz vor Hun schlagen wir das Lager, etwas abseits der Straße hinter
Palmen, auf. Nach dem Essen machen wir zunächst ein Feuer, aber der Wind
legt zu und bläst es aus. Wir verkriechen uns gegen 19.30 Uhr ins Zelt.
Draußen herrscht ein Sandsturm.
Wir stehen um halb acht auf und kommen
gegen halb zehn weg. In Hun werden noch ein paar Sachen eingekauft und
weiter geht es. Wir wollen knapp 400km bis kurz vor Misratah fahren.
Blocken in gut 100 km Abständen, wobei mir die ersten 100 km sehr lang
vorkommen und die letzten als wären es nur 30. Leider finden wir keinen
passenden Schlafplatz und treffen somit um 17.20 Uhr den Entschluss, heute
noch nach Leptis Magna zu fahren, denn dort gibt es einen Campingplatz.
Wir erreichen ihn nach einiger Suche gegen 20.00 Uhr. Essen, duschen,
schlafen gegen 22.30 Uhr. |
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Gehen gegen 11.00
Uhr zur Ausgrabungsstätte von Leptis Magna, wo wir uns bis 15.00 Uhr
herumtreiben. Obwohl ich eigentlich nicht kulturfanatisch bin, bin ich
dennoch begeistert. Leptis Magna ist eine Römische Ausgrabungsstätte und
war damals nach Rom die zweitgrößte Stadt im Römischen Reich. Dadurch,
dass Libyen kaum Tourismus hat, sind wir auf dem riesigen Areal die
einzigen Menschen und können uns frei von irgendwelchen Absperrungen o.
dgl. bewegen. Danach fahren Harald und Birgit weiter Richtung Tripolis
während wir von Herrn Kröpfel (mehrfacher Dakar-Teilnehmer in der LKW
Klasse) eingeladen sind sie in ihrem Fahrzeug (4-Achser, 20Tonnen, 18Liter
Hubraum, 1.262PS, 3.800Nm) zu besuchen. Es sind unglaublich nette Leute
und Herr Kröpfel weiß natürlich viele lustige und interessante
Geschichten von der Dakar zu erzählen. |
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Gegen sieben
stehen wir auf, packen nach der Morgentoilette rasch zusammen und fahren
gegen 9.00 Uhr weiter. Das Wetter sieht gar nicht gut aus vielleicht
beginnt es zu regnen, doch außer ein paar Tropfen ist aber nichts drinnen
und es reißt bald wieder auf. So fahren wir die rund 120 km nach
Tripolis. Den sogenannten "grünen Platz", den Hauptplatz von
Tripolis erkennen wir nicht als solchen und suchen weiter. Nach etwa einer
halben Stunde bemerken wir unseren Irrtum und treffen bald darauf auf den
Bus mit Kufsteiner Nummerntafel. Da die Jugendherberge nicht unseren
Vorstellungen entspricht beschließen Gerhard und ich heute noch weiter zu
fahren. Dadurch gewinnen wir Zeit und wir können in Tunesien noch die
warme Quelle von Ksar Gilane besuchen. Für Birgit und Harry ist es laut
Auskunft eines Polizisten kein Problem den Bus über Nacht am grünen
Platz stehen zu lassen und darin zu schlafen, doch zu viert, haben wir
keinen Platz. So fahren wir Motorradfahrer noch etwa 150 Kilometer bis
nach Zuara. Dort wollen wir unsere restlichen Libyschen Dinare ausgeben
und so bleibt uns nichts anderes übrig als pro Person 4 Kebab und ebenso
viele Colas zu verdrücken. Danach begeben wir uns an dem Ort, an dem wir
die erste Nacht in Libyen verbrachten zur Ruhe.
Am Morgen um 11 Uhr verlassen wir Libyen.
In Tunesien besuchen wir noch die warme Quelle bei Ksar Gilane wo es sich
ebenfalls bestens mit der Enduro im Sand spielen lässt, wobei leider die
Dünen hier viel zu klein sind. Am nächsten Tag fahren wir weiter nach
Matmata und am Abend des darauffolgenden Tages mieten wir uns in einem
Luxushotel in Hammamet ein wo wir einen gewaltigen Rausch ausfassen.
Danach geht es mit der Fähre von Tunis wieder zurück nach Genua. Bei
einem Kilometerstand von 91.027km stelle ich meine brave Dominator wieder
in die Garage. Mal schauen, wann meine Seele nachkommt. |
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Zahlen und
Fakten: Größe: rd. 1,8 Mio. km² (=22 x Österreich) Wüstenanteil: über 90% (Vergleich Algerien: 82%) Bevölkerung: 5 Mio., davon 1,3 Mio. in der Hauptstadt Tripolis Bevölkerungsstruktur: 45% unter 15 Jahre Pro Kopf Einkommen: von 9000USD/a 1986 auf 5500USD/a (Ende d 90er) gesunken Arztdichte: 1 Arzt pro 783 Menschen (Tunesien: 2200) Analphabetismus: 30% Staatsreligion: Islam --> absolutes Alkoholverbot!!!
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Motorräder:
Honda NX 650 Dominator, Bj. 96, Serienausstattung (Ausnahme: 23l Tank bei mir) 644 ccm luftgekühlter Einzylinder 44 PS, 53Nm Reifen Pirelli Rallye Cross 90/90 - 21 vorne und 130/90 - 17 hinten Därr Aluseitenkoffer auf Hepco und Becker Kofferträger mit je 30 l Volumen Gepäckrolle bzw. Topcase Maximale Reichweite mit Originaltank (Piste) 250 km mit 23 Litertank 350 km Maximale erforderliche Reichweite 574 km (zum Wau an Namus) Für diese Etappen wurden die Seitenkoffer gegen 20 l Benzinkanister ausgetauscht.
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Navigation und
Unterlagen: 1x Garmin GPS 12 mit Lenkerhalterung und Bordstecker 1x Magellan GPS als Reserve für alle Fälle Karten: Geoprojekts Libyen auf englisch und arabisch Amerikanische Militärkarte TPC H-3C Mehrere russische Militärkarten Alle Landkarten sind schematisch und weisen Fehler bis zu 30km auf Reiseführer Libyen, Gerhard Göttler, Reise Know-how Verlag (sehr empfehlenswert)
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Ersatzteile:
1 kompletter Antriebssatz 5 Speichen (vorne und hinten) Ersatzschlauch vorne und hinten 2 Montiereisen Felgenschützer Fußluftpumpe Ständerplatte (damit der Seitenständer nicht einsinkt) 1 Zündkerze Kettenspray 1 Brems-Kupplungsgriff 1 Liter Motoröl
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Fazit aus
dieser Reise: Absolute Robustheit der Maschinen, überraschend gute Geländetauglichkeit. Einziges Problem: Die Reichweite mit den Serientanks. Dabei muss man sich entweder auf kurze Stecken beschränken und ist sehr eingeschränkt, oder man muss Kanister mitschleppen. Gepäckunterbringung: so groß die Vorteile der Aluseitenkoffer (versperrbar, wasser- und sanddicht, als Hocker oder Tisch verwendbar.....) auch sind, so nachteilig sind die Kisten im Gelände. Besonders beim Sandfahren kommt man mit dem Fuß öfter mal auf den Boden. Dabei kann es passieren, dass das Bein zwischen Koffer und Boden gequetscht wird. Dies kann schwere Beinverletzungen zur Folge haben. Seitentaschen wären hier ein erheblicher Sicherheitsvorteil, da diese nachgiebig sind. Weiters wäre zur besseren Gewichtsverteilung ein Tankrucksack von Vorteil. Leider gibt es für die Dominator keinen vernünftigen Rucksack, der auf den Tank passt. |
Bericht vom 15.01.2003 | 4.423 Aufrufe