BMW M 1000 XR im Barcelona-Test
Alltagssportler oder Rennmaschine auf Stelzen?
Barcelona, Kurven, und ein Motorrad mit 201 PS - klingt nach einer perfekten Kombination für einen Härtetest. Die neue BMW M 1000 XR soll laut Hersteller das Beste aus zwei Welten vereinen: Tourenkomfort und kompromisslose Performance. Doch wie alltagstauglich ist ein Bike dieser Größe und Stärke? Ich habe mir zwei Kollegen geschnappt, und gemeinsam haben wir die M 1000 XR in den kurvigen Bergstraßen rund um Barcelona getestet.
Ihr Design ist aggressiv - und aerodynamisch optimiert. Das bewirken markante Carbon-Winglets, die für mehr Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten sorgen. Der Aluminiumverbund-Brückenrahmen mit dem mittragenden Motor bildet das Rückgrat des Fahrwerks und sorgt in Kombination mit der Upside-Down-Teleskopgabel und der elektronischen Dynamic Damping Control für maximale Kontrolle. Auch wenn das Motorrad mit seinen 223 kg fahrfertig nicht unbedingt leicht ist, wirkt es dank der optimalen Massenverteilung und des sportlich abgestimmten Fahrwerks dennoch überraschend agil.
Motor & Leistung der M 1000 XR - Braucht man wirklich 201 PS?
Unter der Verkleidung schlägt das Herz eines echten Rennmotors. Der öl-/wassergekühlte Reihenvierzylinder mit vier Ventilen pro Zylinder leistet 201 PS bei 12.750 U/min und ein maximales Drehmoment von 113 Nm bei 11.000 U/min. Die Drehfreudigkeit dieses Aggregats ist wirklich beeindruckend, mit einer Maximaldrehzahl von 14.600 U/min - Werte, die sonst eher im Rennsport zu finden sind. Und so fühlt es sich auch an! Die Leistungsentfaltung ist brachial, doch gleichzeitig sehr kontrollierbar. Jeder Vorgang fühlt sich weich und reibungslos an. Dank der elektronischen Saugrohreinspritzung mit digitalem Motormanagement reagiert das Bike präzise auf jeden Gasbefehl, sodass sowohl sanftes Cruisen als auch aggressives Beschleunigen jederzeit mühelos möglich ist. Mein Daumen streckt sich für diesen Motor auf jeden Fall dreifach in die Höhe.
Die BMW M 1000 XR im Alltag
Doch wie alltagstauglich ist ein solches Biest? Dieser Frage habe ich mit meinen 1,76m und knappen 60 Kilo etwas nervös entgegen geschielt.
Im Stadtverkehr zeigt sich schnell, dass die M 1000 XR in engen Gassen oder beim Rangieren keine einfache und allzu agile Maschine ist. Die breite Front mit den Lenkerendenspiegeln macht das Durchschlängeln im Stau nicht gerade leicht, und das hohe Drehzahlniveau bedeutet, dass man oft mit minimalem Gaseinsatz arbeiten muss. Das angestrengte Hin- und Hertippeln beim Aus- und Einparken bleibt trotz meiner recht langen Haxen nicht aus. Ich brauche zwei,drei Minuten, damit in der Eile nichts umkippt und die wuchtige Maschine dann ohne Hilfe nicht mehr aus der Waagerechten kommt. Die Sitzhöhe von 850 mm sorgt beim Fahren jedoch für eine bequeme, sportliche Sitzposition, die auch längere Fahrten nicht zur Tortur werden lässt. Dennoch bleibt die M 1000 XR in der Stadt ein Exot, der lieber freie Straßen als dichten Verkehr sieht.
BMW M 1000 XR im sportlichen Test
Auf kurvigen Bergstraßen offenbart die M 1000 XR ihr wahres Potenzial. Hier zeigt sich, dass das sportliche Fahrwerk in Kombination mit dem elektronisch geregelten Dynamic Damping Control System für herausragende Stabilität sorgt. Selbst bei hohen Geschwindigkeiten bleibt die Maschine extrem präzise und berechenbar. Dank der großen Schräglagenfreiheit und der perfekt abgestimmten Bremsanlage mit 320-mm-Doppelscheiben vorne und einer 220-mm-Scheibe hinten kann das Motorrad selbst in engen Kurven problemlos verzögert werden. Das BMW Motorrad Integral ABS Pro unterstützt den Fahrer zusätzlich, indem es je nach Fahrmodus die Bremskraft optimal verteilt und so für ein kontrolliertes Verzögern sorgt.
"Die M 1000 XR begeistert im sportlichen Einsatz, aber aus anderen Gründen, als es das Datenblatt vermuten lässt. Vor allem de maximalen 201 PS verlangen nach Aufmerksamkeit, doch meiner Meinung nach sollte die M XR nicht auf ihre Leistung reduziert werden. Die 200 Pferdchen sind nämlich ohne Frage beeindruckend und für den Einsatz auf der Landstraße völlig überdimensioniert, aber dank des umgänglichen, seidigen Charakters des Reihen-Vierzylindermotors gleichzeitig auch gut beherrschbar und keine Weltsensation. Vielmehr sind es die hochwertigen Komponenten in jedem Teilbereich der XR, die zusammen ein dermaßen agiles und flottes Gesamtpaket auf die Räder stellen, dass ich regelmäßig im Kurvenrausch die Augenbrauen ungläubig verziehe. Vor allem mit dem sauteuren Competition Paket mit Karbonfelgen wird die M 1000 XR zur ultimativen, als Tourenmotorrad maskierten Kurvenjägerin, die allein von Gedanken gesteuert der Fahrlinie zu folgen scheint. Über das Preis-Leitungs-Verhältnis oder gar den Sinn eines solchen exklusiven, radikalen Geräts wie der BMW M 1000 XR, kann man natürlich streiten. Oder man sieht sie so wie ich: Als gelungene Demonstration der modernsten, sportlichsten Motorradtechnologie im tourentauglichen Kleid. "
BMW M 1000 XR und längere Touren
Der 20-Liter-Tank sorgt für eine vernünftige Reichweite, doch mit einem Verbrauch von 6,5 Litern auf 100 km ist das Bike kein Sparwunder. Der Windschutz ist durch das kleinere Windschild begrenzt, was je nach Körpergröße auf längeren Autobahnfahrten zu einer höheren Belastung führen kann. Zudem treten ab einer gewissen Geschwindigkeit stärkere Vibrationen auf, die Fuß und Hand ziemlich kribbeln lassen. Allerdings punktet die Maschine mit einer ausgezeichneten Ergonomie und einem bequemen Sitz, der auch nach mehreren Stunden nicht unangenehm wird. Wer lange Strecken fährt, sollte sich aber bewusst sein, dass das Fahrwerk ab Werk straff abgestimmt ist. Da muss man je nach Geschmack vielleicht etwas nachjustieren.