KTM 1190 RC8 / RC8 und X-Bow |
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Auswärts-Gemetzel in Mugello |
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Keine schlechte Idee! KTM lädt europäische Journalisten ein,
hockt sie auf aktuelle RC8 und RC8-Rs und schickt sie nach Mugello in ein
Gemetzel mit Local-Heroes. Normalerweise sind Hersteller gerne unter sich. Sie
beweihräuchern sich gerne selbst, pflastern die Boxengasse voll mit ihren Logos
und köcheln dort im ewig gleichen Sud dahin. Bei den TNT (Track and Test) Events
will KTM bewusst ihre Fahrzeuge inmitten von Japanern und Ducatis in Szene
setzen. KTM hat auf der Rennstrecke noch nicht den Status "unter sich" zu bleiben - sie müssen raus und
sie müssen beweisen, was die RC8 drauf hat.
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Ein exklusiver Traum? Nur für VIPS und Journalisten? Nein! Ganz normal buchbar
für jeden Ringfahrer Europas. Proberunden mit den scharfen Kanten sind
kostenlos, doch die Motorräder können auch fürs ganze Wochenende gemietet
werden. Infos
hier. |
Hier auf der langen Geraden mit dem grausamen "Mutknick"
hat sowohl das Motorrad
als auch der Pilot genug Gelegenheit sich zu beweisen. Die scharfe R-Variante
hält hier mit den Vierzylindern mit. Beim Anbremsen kann sie etwas Boden gut
machen und spätestens in jenen Bereichen der Strecke wo der Belag schlechter
wird, hat sie echte Vorteile. Bei der RC8-R sprechen wir im Prinzip von einer
fertigen Rennmaschine. Da geht es jetzt mal gar nicht so sehr um die
Motorleistung, sondern um die Steifigkeit des gesamten Chassis und der
messerscharfen Präzision beim Einlenken. Der Stahlrohrrahmen, die massive
Schwinge und die hochwertigen WP-Federlemente lassen das KTM Superbike richtig
satt durch den Kurs gleiten. Bei den heftigen Bodenwellen verliert man
hier mit dem Vorderrad schon auch mal den Kontakt mit dem Asphalt, das harte
Chassis lässt sich davon aber nicht wirklich aus der Ruhe bringen.
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Die meisten Vorteile hat die KTM hier am Kurveneingang. Die Gabel hat mit uns
lausigen Hobbypiloten derart leichtes Spiel, das jedes Bremsmanöver genug
Reserven übrig lässt. So bremst man gefahrlos bis in den Scheitel und lenkt ohne
dramatischen Kraftaufwand ein. Am Kurvenausgang bietet die RC8-R viel Drehmoment
zum Beschleunigen, erfordert aber auch mehr Konzentration als die seidenweich
und makellos laufenden Vierzylinder der Japaner. Nur die richtig schnellen
Kollegen können aus den engeren Wechselkurven den Drehmomentvorteil in lange
Gesichter bei den Gegnern umsetzen.
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Befehlsausgabe vom Streckensprecher an die
Italiener: Jagd die Journalisten! |
Ich selbst hol mir meine Erfolge gegen die italienischen Nipponfahrer sehr
billig. Am Ende der langen Gerade bremse ich spät und ignoriere einfach die böse
Bodenwelle in der ersten Kurve. Die Gegner müssen den Unebenheiten weit
ausweichen und ich stech innen rein, es rumpelt zwar gewaltig, doch es ging
immer glimpflich aus. Oder aber bei der geilen Doppelrechts "Arrabbiata". Ein irre
Kurve! Sie verträgt sehr viel Zunder, verläuft bergauf hat aber ebenso einige
Unebenheiten zu bieten. Ohne viel Talent und viel Vertrauen kann man es hier mit
einem racingtauglichen Chassis einfach laufen lassen. Man fühlt sich wie in der
Steilkurve einer Achterbahn, wenn man mit der harten R hier eine schnelle Linie
zieht.
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RC8-R Umbau vom Typ "Perlen vor die Säue"!
Race Orange / TNT Boss Günther Gahleitner hat sich von Pfeil Design eine irre
RC8 lackieren lassen. Fürs Kiesbette hätte ein ranziges Racetape Flickwerk auch
gereicht, doch Gahli schrottet gerne mit Stil. Sein erster große Auftritt heuer
ist mal ganz bescheiden: 24h von Le Mans... |
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Vorteil dahin: Edel-Leihbikes für Jedermann! |
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Doch bei den nächsten Turns dann die Ernüchterung. Die einheimischen Piloten
erkennen langsam aber sicher, dass die orange Truppe aus Mattighofen nicht bloß
gute Offroadeisen baut. Sie schnappen sich eines der rudelweise zur Verfügung
stehenden Testmotorräder und ziehen selbst kräftig am Kabel. Besonders
beeindruckend war hier die Ausdauer der KTMs. Die armen Eisen konnten sich
anders als die Piloten nicht nach jedem Turn erholen, sondern wurden gnadenlos
in jedem Turn gefahren. Sowohl Bremsen als auch das Fahrwerk konnten von Früh
bis Abend das hohe Niveau halten.
Doch genug des Lobes, kommen wir zu der Schattenseite der Medaillie. Die
Standard RC8 ist preislich auf einem akzebtablen Niveau, verliert aber auf der
langen Gerade im Vergleich zu den Japanern. Doch sie punktet wie die RC8-R auch
- den europäischen Testpiloten sei Dank - mit einer komfortablen und echt
landstrassentauglichen Sitzposition. Die RC8-R kann auf der Geraden mithalten
und ist beim Fahrwerk überlegen, kostet aber auch mehrere 1000 Euro mehr als die
Japaner und auch mehr als die derzeit medial sehr dominante S 1000 RR. Der
Händler kann also nur an jene Piloten verkaufen die genau sowas suchen oder sie
mit einer Probefahrt überlisten.
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Keine gute Location für Kostverächter: RC8-R,
reihenweise Dukes und Superdukes und am Abend noch eine Wagenladung
Toskana-Gaumenfreuden. Gewaltig! |
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Die RC8 Varianten |
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1. KTM 1190 RC8
Im Vergleich zu den anderen 3 Versionen beinahe schon Hausmannskost,
aber dafür sehr schmackhaft. Die vielen Einstellmöglicheiten an den
Hebeleien und dem Chassis machen Sie zu einem anpassungsfähigen
Universaltalent. Jene Piloten die sich auf Japanern zu groß fühlen,
werden hier glücklich. Jene Piloten die V2 lieben aber mit Ducati nicht
klar kommen ebenso.
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2. KTM 1190 RC8-R
Hat die Motorleistung um wirklich überall gegen 1000er bestehen zu
können. In Sachen Handling durch die leichteren und sündhaft teuren
Schmiedefelgen eine Wucht, trotzdem gleichzeitg unbeirrbar stabil. Eine echte
Rennmaschine die leider ihren Preis hat. |
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3. KTM 1190 RC8-R "Akrapovic" Edition
In Österreich und Deutschland so gut wie ausverkauft. |
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4. KTM 1190 RC8-R "Red Bull" Edition -
Angeblich gibt es noch ein paar "Red Bulls". Wie die Akrapovic
Edition auch, sorgt die aufgewertete "R" im Fahrerlager für neidige
Blicke. |
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RC8 Upgrades |
Schon die normale RC8 R ist kein
Schnäppchen,
wer will kann Sie aber mit den Kits zu einem echten Kontozerstörer aufrüsten. |
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Clubrace Kit:
Großartige Akrapovic Komplettanlage. Riesige Ofenrohre und mörderischer
Sound. Keine Chance damit auf 98 dB Strecken zu starten. Der Händler
montiert gemeinsam mit der Akra-Tüte eine andere Zylinderkopfdichtung
(1:14,7 Verdichtung), verdreht die Nockenwellen für mehr Überschneidung
und spendiert der RC8 R ein neues Mapping. Bei den Sondereditions
bereits inkludiert.
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Superstock Kit:
Damit ist die RC8-R motorisch bereit für nationale Meisterschaften. Im
Powerparts Programm finden sich natürlich auch noch ein closed-Cartridge
Einsatz für die Gabel und ein noch hochwertigeres Federbein.
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Superbike Kit: Andere
Zylinder, andere Kolben, Antihopping-Kupplung (höhere Handkraft nötig,
dafür totale Stabilität in der Bremszone). Viele aufwendige Details
die RC8-R wird damit sündhaft teuer und sehr brutal.
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KTM X-Bow |
Beim Race Orange - Track and Test Event wagten wir diesmal auch einen
Seitensprung auf 4 Räder. Der X-Bow ging schon durch alle Automedien, nun wo
dort alle Journalisten an der Reihe waren dürfen auch die Zweirad-Schreiber ans
Werk.
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Der X-Bow ist genauso "ready to race" wie eine RC8-R oder eine Offroadmaschine
von KTM. Er ist ein kompromissloses Spassgerät und macht in Garagen Sinn, wo
schon ein Kombi und ein Cabrio beheimatet sind. Autofreaks können mit dem X-Bow
das machen, was für uns Motorradfahrer selbstverständlich ist. M3, Carrera und
AMG müssen nach einem zünftigen Tag auf der Rennstrecke erst mal in die
Werkstatt. Dort werden Reifen, Bremsscheiben und Bremsbeläge gewechselt. Mit dem
X-Bow fährt man mit dem Auto (ohne Mechaniker, Hänger oder Truck) zur
Rennstrecke, gibt einen ganzen Tag lang Gas und fährt dann, genug Kondition
vorausgesetzt, wieder problemlos zurück in die heimatliche Garage. Nur jene
Freaks welche in der Vergangenheit auf der Strecke wegen der vielen Umstände mit
ihren teuren Schlitten gelitten haben, sind die potentielle Zielgruppe für den
X-Bow. Insgesamt sprechen wir da im Moment von ein paar Hundert, trotzdem ist
der X-Bow so etwas wie ein Serienauto. Das heißt, man kann mit ihm auch mal
versehentlich einen Randstein schnupfen, ohne gleich die gesamte Radaufhängung
tauschen zu müssen und der Motor wurde tausendfach in diversen Audis und GTIs
verbaut. Das Getriebe stammt aus dem Audi S3 und das Chassis ist im Prinzip mehr
Kart als Auto.
Beim kurzen Parcours wurde leider klar, dass so ein Rennwagen leider genauso
anstrengend ist wie ein Rennmotorrad. Etwas Fitness vorausgesetzt, spendiert der
Rennwagen aber richtig viel Freude. Der große Unterschied zu normalen Autos ist
wie oben erwähnt die Rennstreckentauglichkeit und die Präzision sowie Stabilität
von Fahrwerk und Bremse. Beim Pylonen-Slalom wankt der X-Bow nicht ein bisschen
und lässt Kurvengeschwindigkeiten zu, dass es Schmerzen bereitet.
Das Geschäft mit dem KTM X-Bow lief leider nicht so gut wie erwartet (Zum Einen
dient die Wirtschaftskrise als Ausrede, zum Anderen gibt es möglicherweise doch
weniger Leute mit Adrenalinsucht und dicker Geldbörse als angenommen). Doch
durch den X-Bow haben sich für die "Auto" Sparte von KTM nun andere
Geschäftsfelder eröffnet. Durch die gesammelte Erfahrung im Bereich
Carbon-Chassis im Serienfahrzeugbau, ist man kompetenter Ansprechpartner für
andere Autohersteller. In den nächsten Jahren werden einige Sportwägen mit
klingenden Namen mit österreichischem Sportwagen-Know-How den Weg in die
Schauräume finden.
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Interessante Links:
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Text: nastynils
Fotos: nastynils, KTM |