Yamaha R1 - in ROT
Kollege kot wurde auf die R1 gesetzt und seinem Schicksal überlassen. Leider ist er zurückgekommen.
Im Februar 1998 hatte ich das Vergnügen unsere östliche Staatsgrenze zu verteidigen - und zwar an einem Abschnitt, der angeblich noch nie von einem illegalen Grenzgänger überschritten wurde. Dementsprechende Action war täglich angesagt. Eines Nachts stand ich mit meinem Kameraden, dem Langen (Name v.d. Red. erfunden) beim ersten Posten. Es war wie jede Nacht. Dunkel, kalt, fad und in meinem Kopf leierten Lieder wie "Heite drah i mi ham" und "Tagwache". Nach einigen Stunden passierte zum ersten Mal etwas. Eine Streife besuchte uns und kontrollierte, ob wir . Es war Stabswachtsmeister Schwarz (Name v.d.Red. geändert) und irgendein Rekrut (Name d.Red. nicht bekannt). | |||||
StWm Schwarz kam ins
Gespräch mit dem Langen, weil beide Motorradfahrer waren. Sie
setzten sich ins kleine, warme Häuschen zum Ofen, während
Rekrut Unbekannt und ich draussen warten mußten und frohren.
Der Lange wusste, dass sein Vorgesetzter ein gnadenloser
Andrücker war und fragte ihn, was er sich denn als nächstes
kaufen sollte. Schwarz antwortete ihm langsam: "Wennsd' das
Ultimative Eisen willst, dann die R1. Das ist "DAS
RAD"!"
Seine Aussage weckte blitzartig all meine Sinne, als hätte ich gerade einen ungarischen Hasen bei einer illegalen Grenzübertetung beobachtet. Der Stabswachtmeister sagte das mit viel Ehrfurcht in seiner Stimme. |
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Er sprach wie ein
weiser Zauberer von einem unbesiegbaren Fabelwesen. Seine
Aussage hatte etwas Absolutes, etwas Mystisches. DAS RAD - das
Ultimative. "Offenbar haben die von Yamaha etwas ganz
Radikales geschaffen, einen Meilenstein" dachte ich
"Hab leider keine Ahnung von Motorrädern…Shit"
Die darauffolgende Fachsimpelei
über technische Daten und innovative Lösungen drang gar nicht
mehr richtig zu mir durch. Seine Worte hatten mich in Trance
versetzt. Ich wandelte in der Dunkelheit und dachte über
"DAS RAD" nach… |
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R1-Die letzten 6
Monate war diese magische Kombination ständig in unserem Kerker…äääähm…Büro
präsent. Vor allem deshalb, weil Nils ständig davon redete,
eine zu besorgen - was klarerweise nie passierte. Also versuchte
ich selbst mein Glück und meldete mich bei Frau Veynoska von
Yamaha Österreich. Kurz nach meiner Anfrage rief sie mich
zurück und 2 Tage später holte Der Abgelederte eine R1 von der
Zentrale in Wien 23 ab.
An solchen Tagen bin ich dann
immer äußerst arbeitsunfähig. 10 Stunden im stickigen Büro,
draußen wunderschönes Wetter und auf dem Firmenparkplatz
warten 172 Pferde. |
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Natürlich habe ich
mich auf diesen Ritt vorbereitet. Wie es sich für einen
ehemaligen Studenten gehört natürlich nur theoretisch - nicht
praktisch. Ich sah mich kurz in der Geschichte der R1 um. Als
die Idee der R1 geboren wurde, legten die Ingenieure und andere
Großhirne bei Yamaha gemeinsam 2 Eckdaten fest: Die Leistung
von 150 PS und das Gewicht von unter 180 Kilogramm. Dabei sollte
die Maschine die Handlingeigenschaften einer 600er haben.
Kompromisslose Forderungen, die sich damals in nur 2 Worten
konzentrierten: No compromise!
Sechs Jahre später stehe ich nun vor dieser Legende in der bereits 3.Generation. In den letzten sechs Jahren ist die R1 noch ein paar Kilo leichter geworden - und mehr als 20 PS stärker. |
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Bei dem Design, den
scharfen Kanten und der dunkelrot-schwarzen Bemalung, die mich
an einen ultrabrutalen Irokesen Indianer erinnert, hat man
Angst, dass einen die R1 jeden Moment anspringt und in zwei
Teile spaltet. Selbst wenn der Zündschlüssel nicht im Schloss
steckt.
Dementsprechend nervös schwinge ich mich in den harten Sattel. Was mir sofort auffällt ist die Leichtigkeit der R1. Sie fühlt sich an wie eine Mopett'n. Als könne man sie ohne Probleme aufheben und ein paar Meter weit tragen. Ich nehme all meinen Mut zusammen und zünde das Triebwerk. Der Serienauspuff röhrt kerniger als ich das erwartet hätte. Daß er operativ entfernt und durch einen "richtigen" ersetzt werden muß, bleibt trotzdem eine klare Sache. |
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Ich taste
mit Händen und Füßen sämtliche Hebel, Schalter, Raster und
Griffe ab. Alles wirkt präzise und kompromisslos auf die
jeweilige Funktion abgestimmt, was die Nähe zum Rennsport
deutlich macht. Und ich erinnere mich an die Grundidee: No
compromise!
Ich fuhr die meiste Zeit ob
meiner bescheidenen Fahrkünste sehr zurückhaltend, d.h. soweit
dies möglich war. Doch am Sonntag Morgen stieg ich schon im
Morgengrauen auf um auf einigen Längen meiner Lieblingsgeraden
die Geschwindigkeit zu forcieren. Jedesmal, wenn ich nach der
letzten Linkskurve den rechten Griff nach unten ziehe, öffnet
sich eine große Tür. Dann bewegen sich alle anderen Fahrzeuge
plötzlich wie unter Wasser. Ich selbst hingegen schieße durch
den Hyperraum. Einziges Geräusch ist der höllisch kreischende
Eisenblock unter mir. Alles verdichtet sich und ich erlebe die
Erleuchtung...."DAS RAD"... |
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Einer Sache muß man sich auf einem Hypersportler bewußt sein. Das Tempo bestimmt bei 172 PS nur mehr teilweise der Fahrer. Selbst wenn man es ganz stark und von ganzem Herzen will. Dezentes Am-Gas-Drehen ergibt vehementes Beschleunigen. Will man die Gefahr eines ungewollten Fahrerportraits und/oder dem Entzug der Fahrerlizenz entgehen, sollte man nach jedem Passieren nicht zu knapp den Anker werfen. Man fährt z.b. am Freiland keine 100 und fühlt sich von dem Renault Kangoo vor der Nase visuell belästigt und entscheidet sich zu einem Überholmaneuver. Ein, zwei Gänge zurück, oder einfach nur Gas geben - Wurscht. Im nächsten Moment ist der schirche Kangoo außer Sichtweite und die erste Stelle der Digitalanzeige ist kurz davor in einen Zweier umzuspringen. Also wieder hart verzögern und beim nächsten Käfig dasselbe Spiel. |
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Das Gefühl auf einem Hypersportler vermittelt eine gewisse Allmacht. Es ist einfach schön zu wissen, praktisch jederzeit jedes auf der Straße bewegte Fahrzeug überholen zu können. Das bedeutet natürlich ein hohes Maß an Disziplin. Um das Potential auch nur annähernd zu nutzen, sollte man sich deshalb auch auf eine Rennstrecke begeben. Dann wird der Spaß auch nicht permanent gedämpft. Was das Design angeht, muß man nicht viele Worte verlieren. Bei meinen 79 Eissalon Besuchen und 124 Domplatz-Überquerungen war die R1 auf jeden Fall ein Hingucker. Jeder, der die R1 live sieht ist fasziniert- zierliche Gemüter sind von den radikalen Formen sogar entsetzt, Kinder weinen. Vielleicht lenke ich aber auch mit meinem beeindruckenden Erscheinungsbild immer von den Motorrädern ab. Werde die Hotpants und das Netzleiberl das nächste Mal daheim lassen. Die R1, The One, zu fahren, war ein echtes Erlebnis. Im Gegensatz zu den Ingenieuren beim Entwickeln mußte ich beim Fahren leider schon einige Kompromisse eingehen. Und zum Schluss noch ein kleiner Tipp: Wenn man www.dasrad.at eingibt, kommt auch was ganz Ultimatives.
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Fazit: Yamaha R1 2004
Die R1, The One, zu fahren, war ein echtes Erlebnis. Im Gegensatz zu den Ingenieuren beim Entwickeln musste ich beim Fahren leider schon einige Kompromisse eingehen.- Aggressives Design
- Leichtigkeit
- präzise
- alles kompromisslos abgestimmt
- extrem schnell
- vehementes Beschleunigen
- allmächtiges Fahrgefühl.
- Recht kompliziertes Fahrwerk
- hohes Gesamtgewicht.
Bericht vom 09.09.2004 | 17.606 Aufrufe