6. Lauf BMW Boxercup

"BoxerCup is a contact sport!" rief der Ringsprecher aufgeregt ins Mikro. Treffender kann man es nicht beschreiben. Einsam drehten die souverän in Führung liegenden Stéphane Mertens (21) und Roberto Panichi (99) ihre schnellen Runden - bearbeiteten sich gegenseitig und lieferten sich, Flanke an Flanke, Rad an Rad, atemberaubende Duelle um die Spitzenposition. Panichi um eine Motorradlänge vorne, so querten sie eine Runde vor Rennende das letzte mal die Ziellinie.

Den Belgier Legrelle (45) vom Team BMW Motorrad Belgium / HerpignyMotors, der einem sicheren dritten Platz entgegenfuhr, hatten die beiden Führenden bereits um mehrere Sekunden klar distanziert. Doch der Gewinner steht erst hinter der Ziellinie fest! Das bewiesen Mertens und Panichi schlagkräftig, als sie in der Goddard-Linkskurve - wenige Meter vor dem Ziel - mit heftigem Fahrzeugkontakt Seite an Seite gemeinsam Richtung englischen Rasen schlingerten. So sanft der Ausstieg auch war, so hart fallen die Konsequenzen aus: Zero Points.

 


Führungsduo auf Abwegen: Mertens (21) und Panichi (99) im Clinch.

 
 

Lachender Dritter des Ausritts der Führenden: ein strahlender Sébastien Legrelle, der seinen ersten Saisonsieg kaum glauben kann. Spektakulär macht er seiner Freude Luft und setzt für die Fans und sein Team einen Burnout auf die Zielgerade, gekrönt von Wheelie und Stoppie in der Pitlane. Das sagt mehr als tausend Worte. Überglücklich lässt er bei der Siegerehrung zusammen mit dem Zweitplatzierten José L. Nion (18) vom Team Auto Sport Busquets und Hinterreiter (Startnummer 7, Platz 3) die Korken knallen. Nach immer wieder einsetzendem Niesel während des Rennens ist dieser Champagnerregen nun endlich mal ein willkommener Niederschlag. Congratulations! Die Belohnung für Legrelle folgt beim Blick auf den Gesamtstand. Mit nun 81 Zählern rückt er von Rang 6 auf 4 vor. Die Spitzenposition mit 122 Zählern belegt weiterhin Thomas Hinterreiter gefolgt von Parriott (87 Pkt.) und Barth (86 Pkt.)

 

The Race is on! Donington Park ist Racing pur. Schon lange vor 7 Uhr morgens zieht eine endlose Karawane von Rennsportfans Richtung Racetrack, um sich die besten Plätze an der 4023 Meter langen Strecke zu sichern. Bis zu 200.000 Fans werden an diesem MotoGP-Wochenende erwartet. Dem BMW Motorrad BoxerCup fällt dabei die ehrenvolle Aufgabe zu, die Fans für den MotoGP-Lauf anzuheizen. Was den 30 brüllenden Flat-Twins bei ihrem 6. Saisonlauf trotz durchwachsenen Wetterbedingungen spielend gelingt.

Für die beste Sicht aufs Renngeschehen schwören Experten auf die Berg-und-Tal-Sektion bei Old Hairpin. Hangabwärts aus der berühmten Craner-Kurve anstürmend, ist hier präziseste Linienwahl und viel Mut von den Piloten gefordert. Runterschalten auf den Rechtsknick der Old Hairpin (übrigens keine Haarnadelkurve im klassischen Sinne), dann mit Vollgas den Hang hinauf Richtung McLeans. Die harten Wellen im Asphalt, die so manchem Piloten hier das Fürchten lehrten, sind mit dem neuen Belag, der im vergangenen Jahr aufplaniert wurde, komplett verschwunden.

Auf der Kuppe fordert die Coppice-Rechtskurve der Intuition und Erfahrung der Piloten alles ab: Wer zu spät einlenkt und den nicht einsehbaren Kurvenscheitel verpasst, findet sich unweigerlich im Kiesbett wieder. Die fließenden Sektionen des Tracks bezeichnet selbst GP-Star Rossi als die gelungensten im ganzen Rennkalender, wenn - ja wenn - der Renngott vor die Zielgerade nicht die "Foggy Esses" und zwei 180-Grad-Kehren gesetzt hätte. Die fordern von Fahrer und Fahrwerkabstimmung exakt das Gegenteil als der Rest des Parcours. Und genau hier, kurz vor Zieleinlauf, finden sich ausgezeichnete Möglichkeiten für finale Attacken auf den Führenden. Spannung bis zum letzten Meter ist also garantiert.

 


Panichi (99), Mertens(21), Fernandez (23)

Spanisches Sandwich: Alex Busquets (36), Oriol Fernandez (23), Josep Maria Busquets (8)
 

Am souveränsten meisterte im Qualifying der Spanier Oriol Fernandez (23) vom Team Riders Sport in einer Rundenzeit von 1:41,656 min. den anspruchsvollen Kurs. Damit lag er nur gut 10 Sekunden hinter den Zeiten der MotoGP-Stars! Beim kritischen Blick auf den Unterschied im Leistungsgewicht der Maschinen eine extrem beeindruckende Leistung! Zumal Fernandez wenige Tage zuvor wegen eines Bruchs an der Schulter operiert worden war. Der Sturz am Ende des Trainings trug nicht eben zur Genesung bei: "Im Rennen bin ich auf jeden Fall dabei! Die eingeschraubte Platte in der Schulter hat sich beim Sturz zwar leicht verbogen, aber das können wir später wieder richten", lässt der Spanier sein Temperament aufblitzen.

Aus der ersten Reihe starten außerdem Stephane Mertens (65 Pkt.) sowie die Anwärter auf den Gesamtsieg Roberto Panichi (78 Pkt.) und Markus Barth (79 Pkt.). Mit einem beruhigenden Vorsprung von 27 Punkten in der Gesamtwertung - und damit für dieses Wochenende uneinholbar - geht Thomas Hinterreiter (7) vom BMW Motorrad Austria-Team Hinterreiter aus der zweiten Startreihe ins Rennen.

Wichtiger als die reine Position im Grid ist eine glückliche Hand beim Reifenpoker. Denn pünktlich zum Start verwöhnen die East Midlands die Piloten mit einer undefinierbaren Wolkensuppe, angesiedelt irgendwo zwischen Nebel und Regen. Konsequenz: Abtrocknende Ideallinie, die partiell immer wieder nachgewässert wird. So sieht man im Grid hauptsächlich Intermediates, aber auch Regenreifen (Wets) auf der Vorderachse und sogar weiche Trockenreifen auf der Hinterachse. Das allerdings hauptsächlich bei den britischen Kontrahenten, die das Wetter wohl als ausgesprochen angenehm empfinden.

 

Ready, set, gooooo: Wolkenvorhang auf zum sechsten Akt. Vom Start weg setzen sich Mertens (21) und Panichi (99) klar vom Feld ab, meistern die Redgate-Rechtskurve am Ende der Zielgeraden vorbildlich und haben bereits nach der ersten Runde einen Vorsprung von 4,5 Sekunden herausgefahren. Eine Führung, die sie im weiteren Verlauf des Rennens sogar noch bis auf 7 Sekunden ausbauen können. Einsam und unangefochten ziehen sie ihre schnellen Kreise auf dem 4 Kilometer langen Rundkurs von Donington Park. Mal liegt Mertens eine halbe Motorradlänge vorne, dann drückt sich wieder "Panick" Panichi mit wild driftender Hinterhand in der Anbremszone vorbei. Die Handlung spitzt sich auf die letzte Runde zu.
 

Zwischen Führenden und Verfolgerfeld liefert Sébastien Legrelle (45) ohne Feindkontakt eine saubere Runde nach der anderen ab. Vergeblich versucht er bis in die Schlussphase die Lücke zur Spitze zu schließen. In seinem Rücken tobt das Power-Play: Newcomer Nicolas Dussage (Team Reseau France) wehrt sich lange Zeit erfolgreich gegen die Angriffe von Parriott (46), Aschenbrenner (16), Burrell (77), Barth (6) und Hinterreiter (7). Franz Aschenbrenner vom Karl Maier Racing Team fährt unter den schwierigen Bedingungen sein bestes Rennen der Saison, hatte sich zeitweise sogar vom 14. auf den 6. Platz vorgekämpft. Später muss er allerdings die immer stärker werdenden Fahrer Nion (18) und Hinterreiter ziehen lassen. Am Ende reicht es für einen bemerkenswerten siebten Rang. Schnell wird klar, dass der angeschlagene Spanier Oriol Fernandez das hohe Tempo nicht mitgehen kann.

Nach seinem hart erkämpften Sieg vergangenes Wochenende auf dem Sachsenring wittert der Italiener Panichi (99) vom Dream Car Team in der letzten Runde Morgenluft. Übernimmt die Führung und blockt Mertens erfolgreich auf der griffigen Ideallinie. Die ist bekanntlich sehr schmal - zu schmal für 2 Boxer, die gleichzeitig durch die nach außen hin abschüssige Goddard-Kurve drängen. Ausflug ins Grüne für beide. Davon profitiert Verfolger Legrelle, der bequeme 10 Sekunden Abstand auf Nion herausgefahren hatte und so verdient zum überglücklichen Überraschungssieger des 6. Laufes wird. Hinterreiter hatte sich trotz stark abbauenden Grips mit einem glänzenden Zwischensprint herangearbeitet - fuhr kurz vor Schluss sogar noch die schnellste Rennrunde. "Leider hat es heute nicht ganz gereicht, bei dem immer wieder einsetzenden Regen war die Reifenwahl einfach Glückssache." Ein glänzendes Debüt feierte bei seinem ersten BoxerCup Rennen Nicolas Dussauge mit dem vierten Platz.

Bei den kommenden zwei Läufen in Brünn (CZ) und beim großen MotoGP-Saisonfinale in Valencia wird sich zeigen, welche drei BoxerCup Draufgänger die konstanteste Saisonleistung gezeigt haben und die sensationellen Preise mit nach Hause nehmen dürfen: der Erste erhält ein BMW M3 Coupe, der Zweite einen Z4 2.2 und der Dritte eine BMW R 1200 GS. Der volle Einsatz bis in die letzte Kurve lohnt sich also! Der nächste Rennbericht kommt am 21. August direkt aus Brünn. Stay tuned.

 

Text und Fotos: www.bmw-motorrad.at  
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Bericht vom 28.07.2004 | 5.138 Aufrufe

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