Mika Kallio: Kein Kimi Räikkönen

Mika Kallio führt die 250er-WM an und glänzt in diesem Jahr mit Konstanz und Speed. Im bereitgestellten Interview spricht er über die Saison und anderes.

Mika Kallio: Kein Kimi Räikkönen

Du hast eine bequeme Führung in der Weltmeisterschaft. Sind Mika Kallio und KTM in diesem Jahr die beste Kombination in der 250er-WM?
Mika Kallio: Im Moment sieht es offensichtlich so aus. Es ist aber schwer, genau zu sagen, warum wir so klar führen. Bislang ist einfach alles sehr gut gelaufen; wir hatten keine Stürze, keine kaputten Motoren und wir sind immer in guten Positionen angekommen, wobei wir ein paar Podestplätze geholt haben. Und das war unser Plan von Anfang an: auf den Sieg losgehen, wenn wir eine Chance darauf haben, aber auf die sicheren Punkte gehen, ohne unnötige Risiken zu nehmen, wenn wir nicht in der Position sind, um zu gewinnen. Das hat bislang gut funktioniert und die Tatsache, dass wir auf den meisten Strecken eine gute Abstimmung hatten und ich generell ein gutes Gefühl für die Maschine habe, hat auch geholfen. Aber die Weltmeisterschaft ist noch lange nicht vorbei und wir müssen noch viel arbeiten, wenn es so weitergehen soll. Wir müssen mehr Speed finden, wir müssen den Motor und das Chassis weiter verbessern und ich kann natürlich auch immer noch meine Fahrweise verbessern.

Verglichen mit anderen ist die KTM-Rennabteilung relativ klein. Was macht die Mannschaft so konkurrenzfähig?
Mika Kallio: Jeder glaubt, dass man ein großes Werk und viele Leute braucht, um im Rennsport erfolgreich zu sein, aber manchmal stimmt das Gegenteil. KTM hat es in nur zwei Jahren in dieser Klasse ganz nach oben geschafft und nach meiner Meinung war die kleine Größe der Rennabteilung der Schlüssel dazu. Es ist eine kleine und effiziente Gruppe von stark befähigten Leuten, die sehr gut zusammenarbeiten und die einfach und schnell auf Lösungen kommen. Zwei oder drei Leute können auf der Stelle entscheiden, dass sie dieses und jenes machen, Teile tauschen oder verbessern und die Reaktionszeit ist sehr schnell. Große Werke brauchen normalerweise viel länger, um ähnliche Ergebnisse zu erzielen. Und wie ich gesagt habe, die Crew bei KTM ist sehr gut. Abgesehen von kleinen Änderungen ist es auch seit vielen Jahren die gleiche Gruppe an Leuten geblieben.

2007 war dein Rookie-Jahr in der 250er-Klasse und es entwickelte sich zu einer Achterbahn-Fahrt von Aufs und Abs. Was hat sich in dieser Saison geändert?
Mika Kallio: Ich hatte meine Aufs und Abs, das stimmt und dafür gab es viele Gründe. Aber gegen Ende des Jahres fanden wir das Licht am Ende des Tunnels und wir wussten, dass 2008 viel besser sein würde. Die Maschine hatte sich weit genug entwickelt, um zu meinem Fahrstil zu passen und wir kannten die Bereiche, in denen wir uns weiter verbessern mussten. Der größte Schritt war das neue Chassis. Ich habe sofort gefühlt, dass es sehr gut für meine Fahrweise war, dass ich wieder von meinen Stärken profitieren konnte, vor allem auf der Bremse. Nach einem Jahr harter Arbeit fühlte ich endlich: das ist meine Maschine. Es wurde besser, ich gewann Selbstvertrauen, begann damit, gute Ergebnisse zu holen und im Gegenzug wuchs mein Selbstvertrauen noch mehr. Alles begann, auf positive Weise zusammenzuwachsen.

Hilft es, dass es nun zwei KTM-Teams in der 250er-Weltmeisterschaft gibt?
Mika Kallio: Ich denke, es ist definitiv besser, drei Fahrer als nur zwei zu haben. Dadurch hat man mehr Möglichkeiten, um zu testen und Dinge zu prüfen und das beschleunigt die Entwicklung der Maschine. Aprilia hat viele Fahrer und ist in dieser Hinsicht einen Schritt vor uns. Es ist also gut, zumindest einen weiteren Fahrer in diesem Jahr bei uns zu haben. Beim eigentlichen Setup der Maschine gehen wir aber alle unseren eigenen Weg. Die Fahrstile von Hiroshi Aoyama, Julian Simon und mir sind zu unterschiedlich, um die Abstimmungen zu tauschen.

Bist du überrascht davon, dass der Italiener Mattia Pasini Zweiter in der Weltmeisterschaft ist, während Aprilias Top-Fahrer Alvaro Bautista in der Punktewertung weit zurück liegt?
Mika Kallio: Das ist eine große Überraschung für alle. Ich dachte definitiv, dass Bautista derjenige sein würde, der am schwersten zu schlagen ist. Er hatte aber einiges an Pech und machte auch ein paar Fehler und das zeigt sich nun natürlich bei seinem Punktestand. Aber ich denke immer noch, dass er sehr schnell und ein harter Gegner ist und es kommen noch viele Rennen in diesem Jahr. Es geht nicht um die Frage, ob er Rennen gewinnen wird, denn ich bin mir sicher, dass er das wird. Die Frage ist, ob er die Lücke zu uns schließen kann oder nicht. Was Pasini betrifft, so hat er früher schon gezeigt, dass er sehr schnell ist - allerdings auch, dass er unkonstant ist und oft stürzt. Jetzt scheint er nicht mehr zu stürzen, was die größte Überraschung ist. Es ist aber immer die gleiche Geschichte: man hat gute Ergebnisse, das Selbstvertrauen wächst und der Erfolg kommt irgendwie von selbst.

Du scheinst aber dennoch der besonnenste Fahrer in der Klasse zu sein. Was macht dich so cool, so ruhig und gesammelt? Ist das eine spezielle finnische Mentalität?
Mika Kallio: Es stimmt: die meisten Finnen sind so. Immer sehr ruhig. Ich bin auch während des Rennens ruhig. Auch wenn etwas passiert, ich nach außen komme oder einen anderen Fehler mache, verliere ich nie die Konzentration. Ich sage mir nur: naja, ich bin etwas zurückgefallen, aber auf der nächsten Runde werde ich attackieren und wieder überholen. Ein italienischer oder spanischer Fahrer könnte etwas hitzköpfig werden, aggressiver reagieren. Aber im Motorsport ist es gut, cool zu sein, konzentriert zu bleiben und immer die Risiken einzukalkulieren.

Bist du wie Kimi Räikkönen, der finnische Formel 1-Weltmeister?
Mika Kallio: Ich habe ihn ein oder zwei Mal getroffen, aber ich kenne ihn kaum und vergleiche mich auch nicht mit ihm. Die Formel 1 ist in Finnland natürlich populär, dann kommt der Rallyesport und dann die MotoGP. Aber mit jedem Jahr scheint das Interesse der Leute am Motorrad-Rennsport etwas zu wachsen. Wenn ich die Weltmeisterschaft gewinnen könnte, wäre das sicher ein großer Schub für unseren Sport in meinem Land, es geistert mir aber nicht im Kopf herum, die Leute zu gewinnen. Ich freue mich für jeden, der den Motorrad-Rennsport mag und die Spannung genießt, uns zuzusehen, aber ich respektiere auch die Leute, die andere Interessen haben und andere Sportarten verfolgen.

Was interessiert dich, wenn du nicht bei den Rennen bist?
Mika Kallio: Wenn ich im Sommer Zeit habe, dann ziehe ich mich in unser Sommerhaus zurück; einer Hütte an einem See, wo ich mit meiner Tochter Mimosa spiele, wo ich mit dem Boot fahre und fische, wo ich einfach die Zeit mit meiner Familie genieße und - besonders wichtig - wo ich das Mobiltelefon ausschalte. Ich mag die Einfachheit, so wie ich Eintopf mit Fleisch, Kartoffeln und Gemüse gerne habe - eine herzhafte finnische Spezialität, die meine Mutter kocht wie niemand sonst. Und natürlich halte ich mich gerne fit. Im Sommer fahre ich mit dem Fahrrad und gehe ins Fitnessstudio. Im Winter fahre Eisrennen auf zugefrorenen Seen auf Motocross-Maschinen mit Spike-Reifen. Es ist fantastisch.

©adrivo Sportpresse GmbH
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Foto: ©Kirn F.

Bericht vom 29.05.2008 | 2.124 Aufrufe

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