Motorradfahren lernen - Anpassung an die Straßenoberfläche
Die richtige Fahrtechnik für unterschiedliche Bedingungen
Deine mögliche Kurvengeschwindigkeit, Beschleunigung und Verzögerung wird ganz wesentlich von der Straßenoberfläche bestimmt. Wie du deine Fahrtechnik an die unterschiedlichen Bedingungen anpasst!
Nicht nur Steigung, Gefälle und Kurvenradius bestimmen, wie schnell und schräg du durch eine Kurve fahren kannst, wie viel du beschleunigen kannst und wie viel du bremsen kannst. Besonders die Beschaffenheit der Straßenoberfläche setzt dir physikalische Grenzen, die du nicht überschreiten kannst. Jedes unkontrolliert rutschende Rad, das die Haftung verliert, kann besonders in den drei genannten Situationen, also in der Kurve, beim Beschleunigen oder Bremsen, schlimme Folgen haben.
Asphalt: trocken und sauber
Das ist wahrscheinlich für jeden Motorradfahrer der Idealzustand. Straßenreifen mit passendem Luftdruck, Profil und im richtigen Temperaturbereich haften unter dieser Bedingung sehr gut. Unter dieser Bedingung kannst du dich voll auf den Straßenverlauf konzentrieren. Grundsätzlich gilt: je dunkler der Asphalt, desto jünger und desto griffiger! In Mitteleuropa ist auf öffentlichen Straßen die Griffigkeit von neu aufgebrachtem Asphalt geregelt. Du kannst von hohen Reibbeiwerten ausgehen, was dir eine dynamische Fahrweise ermöglicht.

Kopfsteinpflaster
Einige Straßenabschnitte sind noch mit Steinen gepflastert. Diese bieten nicht so viel Grip wie ebener Asphalt. Außerdem sind das in der Regel ältere Straßenabschnitte, deren Renovierung viel Geld kostet und dementsprechend gerne hinausgezögert wird. Bei Kopfsteinpflaster gilt es daher ganz besonders etwaige Spurrillen oder Überhöhungen zu erkennen und zu berücksichtigen. Fahre unter solchen Bedingungen langsamer und vorausschauender! Achtung bei Regen! Manche Pflastersteine sind nass viel rutschiger, besonders in mediterranen Gegenden.
Alle Berichte der umfassenden Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS:
Produkttipps
Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech als 1000PS-Partner!
Ein großes Projekt verlangt nach großen Partnern - weshalb wir uns entschieden, für unsere Berichteserie Motorradfahren lernen mit hochwertigen Herstellern wie Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech zusammen zu arbeiten. Für einen feinen Querschnitt durch die aktuellen Motorradkategorien haben wir von Honda eine einsteigerfreundliche CB500 Hornet, eine sportliche CBR650R sogar mit E-Clutch (muss man mal probiert haben!) und als Referenz für das Adventure-Segment eine CRF1100L Africa Twin Adventure Sports mit elektronisch verstellbarem Fahrwerk gewählt. Bestückt wurden alle Bikes mit Taschen oder Tankrucksäcken von SW-Motech, damit wir diverse Utensilien, die wir bei unseren Fotofahrten brauchten, gut verstauen konnten. Da wir natürlich nicht wussten, wie das Wetter wird, vertrauten wir bei der Kleidung auf Highend-Ware von Stadler Bekleidung, die dank GoreTex-Material und innovativen SASS-Belüftungsöffnungen sowohl bei nasskaltem als auch bei heißem Wetter ausgezeichnet funktionieren. Schließlich wollten wir auch bei den Reifen nichts dem Zufall überlassen, für unsere Vorführ-Fahrten wurden auf allen drei Maschinen Qualitäts-Pneus von Metzeler aufgezogen. Und ja, richtig vermutet, natürlich hat mit allen vier Herstellern alles problemlos funktioniert!
Fahrbahnschäden
Auch in Mitteleuropa gibt es Schlaglöcher und etwa nach Spaltenfrost oder großflächigen Unterspülungen aufgerissene Asphaltdecken. Schon aus Komfortgründen wirst du versuchen, deine Fahrlinie rund um diese Schäden zu wählen. Wenn das auf Grund der Häufigkeit nicht möglich ist musst du entweder deine Geschwindigkeit deutlich reduzieren! Oder du bist so erfahren, deine Fahrtechnik ermöglicht das präzise Treffen deiner vorgenommenen Linie und dein Hirn kann mit diesen Umständen blitzschnell umgehen, dann kannst du sogar diese Unebenheiten nutzen. Voraussetzung ist immer, dass du so weit vorausschaust, dass du rechtzeitig auf diese Fahrbahnbedingungen reagieren und die entsprechenden Fahrmanöver rechtzeitig und sicher umsetzen kannst.
Beton
Auf stark befahrenen Straßenabschnitten wird mitunter eine Deckschicht aus Beton gewählt. Die Griffigkeit hängt von den eingemischten Gesteinsarten ab. Da Beton bei Temperaturveränderungen anders als Asphalt reagiert, kann es etwa bei Autobahnabschnitten speziell im Sommer zu Aufwölbungen der einzelnen Betonplatten kommen. Das bedeutet für dich, dass die Kanten dieser Platten als unangenehme Schläge beim Überfahren spürbar werden und Reifen wie Fahrwerk sowie deine Wirbelsäule fordern. Es kann auch sein, dass bei bestimmten Geschwindigkeiten die Frequenz der Hebungen und Senkungen dein Fahrwerk so sehr aufschaukeln, dass du nicht mehr verwackelungsfrei sehen kannst. Passe deine Geschwindigkeiten diesen Bedingungen an! Vorsicht bei Tiefgaragen! Diese sind manchmal mit leicht zu reinigendem, glattem Betonboden ausgeführt, der mit nassen Reifen extrem rutschig ist.
Verunreinigungen durch (Blüten-)Staub, Getreidekörner, Baumnadeln, Sand, Kies und Erde
Die Schwierigkeit speziell bei großflächigen Verunreinigungen dieser Art ist, dass bei der Annäherung mit hoher Geschwindigkeit die präzise Einschätzung der Griffigkeit dieser Medien nahezu unmöglich ist. Du darfst dich leider nur in einer Richtung bei dieser Einschätzung irren. Fahre daher immer mit Reserven, also gegebenenfalls langsamer und gehe immer vom Schlimmsten aus! Mit viel Erfahrung wirst du ein Gefühl dafür entwickelt haben, wo und warum solche Verunreinigungen vorkommen. Bis du soweit bist, musst du langsamer fahren und lernen. Du kannst etwa an einer solchen Stelle, wenn es der Verkehr erlaubt, Griffigkeitsprüfungen mit der Hinterradbremse durchführen.Tipp: Im Alpenraum werden die Straßen im Winter mitunter mit Kies bestreut, um die Griffigkeit bei Schnee und Eis zu erhöhen. Das spielt für Motorradfahrer vor allem bei Saisonstart im Frühling eine Rolle, da dieser Streusplitt speziell in höheren Lagen noch lange liegt, bedenke das!
Verunreinigung: (zerdrücktes) Obst, (frische) Kuhfladen
Der Vorteil bei dieser Art Verunreinigung: Sie kommt vorwiegend an bestimmten Stellen vor, also unter Obstbäumen oder in Gegenden mit frei laufendem Weidevieh. Der Nachteil: Die Griffigkeit ist praktisch nicht einzuschätzen. Umfahre solche Stellen wenn möglich oder reduziere Geschwindigkeit und Schräglage, da du mit stark reduziertem Gripp hier rechnen musst! Achtung: Sollte ein Landwirt einmal einen Teil seiner Ernte vom Anhänger verloren haben, etwa Aprikosen oder Weintrauben, dann kann der so entstandene rutschige Obstteppich in landwirtschaftlich genutzten Gegenden überall auftreten. Auch damit musst du rechnen!
Verunreinigung: Tannenzapfen und dergleichen
Für uns Motorradfahrer sind große Baumsamen, etwa Tannenzapfen, Eicheln oder Kastanien, wesentlich relevantere Hindernisse als für Autofahrer. Ein Tannenzapfen allein versetzt dich vielleicht in der Kurve nur ein Stück, damit kann man mit entsprechender Fahrtechnik leben. Mehrere Kastanien zum Beispiel werden dann aber gleich einmal zum Problem. Umfahre solche Stellen wenn möglich oder reduziere die Geschwindigkeit, sodass du zwischen den Baumteilen deine Linie findest und umsetzen kannst!
Verunreinigung: Nasses Laub
Besonders im Herbst oder nach Unwettern kann es zu nassem Laub auf der Straße kommen. Das ist natürlich rutschig und die Feuchtigkeit hält sich auch unter den Blättern länger am Asphalt. Berücksichtige das, umfahre solche Stellen wenn möglich oder reduziere die Geschwindigkeit, sodass du zwischen den Laubfeldern deine Linie findest und umsetzen kannst! Wenn es gar nicht anders geht, kannst du mit vorausschauender Fahrweise möglichst aufrecht auch über nasses Laub fahren, bedenke aber: speziell mehrere wasserdurchtränkte Blätter übereinander können sehr rutschig sein!
Metallteile der Straße
Auch auf Straßen wirst du Metallteile etwa in den Asphalt eingelassen finden. Dehnfugen bei Brücken, Gleiskörper, Kanaldeckel oder großflächige Baustellenüberdeckungen in Form von mehreren quadratmetergroßen Stahlplatten. In Gegenden mit Weidevieh sind außerdem Weiderostanlagen üblich, also Metallrostanlagen, die das Überqueren von schmalfüßigen Paarhufern vermeiden.
Dehnfugen
Dehnfugen verlaufen meistens quer zur Fahrtrichtung und sind bei groß dimensionierter Bauart ungefähr 50 cm breit. Das heißt, dass du bei Geschwindigkeiten ab 50 km/h maximal 4 Hundertstelsekunden diese rutschigere Stelle befährst, das ist zu vernachlässigen. Viel mehr wirkt sich schon der mitunter auftretende Niveauunterschied zwischen der einen und der anderen Seite neben der Dehnfuge aus, aber auch das ist in zurückhaltender Schräglage nicht gefährlich, wenn auch deutlich spürbar beim Überfahren. Rechne damit, fürchte dich aber nicht davor!
Gleiskörper, Schienen
Gleiskörper (inklusive Weichenabdeckungen) verlaufen in Städten (Straßenbahn!) oft auch in Fahrtrichtung. Kreuze sie, wenn notwendig, in möglichst stumpfem Winkel und möglichst ohne Schräglage! Bedenke, dass nasse Schienen sehr rutschig sind!
Kanaldeckel
Bei Kanaldeckeln oder Metallabdeckungen anderer senkrechter Wartungsschächte verhält es sich ähnlich wie bei Dehnfugen, nur dass sie häufiger und auch an Stellen auftreten, wo du mit geringerer Geschwindigkeit unterwegs bist. Rechne damit und befahre sie speziell bei feuchten oder nassen Verhältnissen wie Schienen, also möglichst aufrecht ohne Schräglage! Vergiss nicht, dass du hier kaum bremsen kannst!
Großflächige Stahlplatten
Große Stahlplatten, wie sie zum Überdecken von Längsschächten bei Bauarbeiten an Infrastruktureinrichtungen oft unter viel befahrenen Kreuzungen, also in dichter bebauten Gegenden, verwendet werden, sind speziell bei Nässe eine Herausforderung. Da ihre Farbe sich schlimmstenfalls kaum von jener der Straßenoberfläche unterscheidet, musst du sie wahrnehmen und in diesen Bereichen extrem vorsichtig und aufrecht fahren! Du kannst hier kaum bremsen oder Gas geben, schon gar nicht schräg abbiegen!
Weiderostanlagen
Weiderostanlagen (in der Schweiz: Bovi-Stop, in Deutschland oft: Viehgitter genannt) verlaufen auch meist quer zur Fahrtrichtung und sind selten über zwei Meter breit. Das kann aber in langsamer Schräglage bereits reichen, dass deine Reifen etwa bei Nässe extrem nach außen rutschen. Rechne damit und reduziere hier deine Schräglage am besten auf null! Längs zur Fahrtrichtung bergen sie allerdings zusätzlich die Gefahr, dass du mit einem allenfalls schmalen Reifen zwischen die Stahlroststreben kommst, vermeide das unbedingt auch bei trockenen Bedingungen und auch bei langsamer Fahrt!
Bodenmarkierungen
Die in Mitteleuropa verwendeten Bodenmarkierungsfarben weisen bei Trockenheit eine etwas geringere, bei Nässe eine dramatisch geringere Griffigkeit auf. Rechne damit und passe deine Wünsche, die du von deinem Reifen erfüllt haben willst, an! Weniger Beschleunigung, weniger Bremsleistung, weniger Schräglage ist hier möglich! Das spielt vor allem bei großflächigen Bodenmarkierungen eine Rolle, besonders bei Zebrastreifen!

Bitumenausbesserungen
Um kleine Spaltenfrostschäden oder andere Fugen, Spalten und Aufbrüche der Asphaltdeckschicht günstig zu versiegeln kommt oft, was man unfachmännisch als flüssiger Asphalt bezeichnen kann, eine Bitumenausbesserung zur Anwendung. Das sind diese etwas mehr glänzenden, dunkelschwarzen länglichen Stellen am Asphalt, zu denen Italiener Black Mamba sagen. Diese sind bei höheren Temperaturen wesentlich rutschiger als der Asphalt daneben und bei Nässe noch viel mehr. Sei dir bewusst, wie rutschig sie sind! Plane deine Linie rechtzeitig, sodass du in der Bremszone oder in der Schräglage davon nicht überrascht wirst. Halte deine Augen diesbezüglich wachsam offen!
Größere Hindernisse: Felsen, Bäume, Äste, verlorene Teile
Speziell nach stürmischen Unwettern liegen allerhand Baumteile in bewaldeten Gegenden und abgebröckelte Felsteile in bergigen Regionen auf der Straße. Rechne damit! Aber auch ohne Unwetter kann immer wieder mitten auf der Straße ein mit einem Motorrad unüberwindbarer Teil liegen. Wir haben rostige Auspufftöpfe, verlorene Matratzen, ja sogar Europalletten schon auf unseren Routen erlebt. Rechne auch damit und fahre dementsprechend vorausschauend, sodass du entweder diese Hindernisse umrunden oder notfalls davor anhalten kannst!
Nasse Straße bei Regenbeginn
Speziell nach längeren Trockenperioden vermengen sich die ersten Regentropfen mit dem auf der Straße liegenden Mikrosand und (Blüten-)Staub zu einer äußerst rutschigen Pasta. Das ist eine gefährliche Phase. Rechne mit extrem rutschigen Verhältnissen! Erst, wenn starker Regen diese Pasta weggeschwemmt hat, kannst du wieder mit normalen Griffigkeitsbedingungen der nassen Fahrbahn rechnen! Passe bis dahin deine Geschwindigkeit an, reduziere sie und deine Schräglagen also dementsprechend!

Ölige Flüssigkeiten
Öl (und dazu gehört auch Dieseltreibstoff!) ist naturgemäß ein sehr, sehr rutschiges Medium, auch mit Wasser vermengt. Du solltest, wenn es nicht anders möglich ist, nur extrem aufrecht darüber rollen! Am besten, du umfährst solche Stellen, du musst sie natürlich zuerst wahrnehmen, was bei hohen Geschwindigkeiten eine große Herausforderung ist. Rechne trotzdem immer damit! Auch schlickige, alte Kühlflüssigkeiten (die von einem anderen Kfz stammen, das wird allerdings immer seltener, dass ein Motor Kühlflüssigkeit verliert) sind extrem rutschig! Sie sind auch im Trockenen schwer von normalem Wasser zu unterscheiden.
Erschwerende Lichtverhältnisse
Neben Gegenlicht erschwert dir die Einschätzung der Oberflächengriffigkeit auf der Straße folgende Lichtbedingung: Das Sonnenlicht fällt durch das Baumlaub der an der Straße angrenzenden Vegetation. Es macht einen Camouflage-Effekt auf der Straße. Also einen scheckigen Licht-Schatten-Teppich. Unter diesen Beleuchtungsbedingungen sind selbst gröbste Griffigkeitsunterschiede speziell bei höheren Geschwindigkeiten praktisch unmöglich wahrzunehmen. Reduziere deine Geschwindigkeit unter solchen Bedingungen und rechne mit dem Schlimmsten. Natürlich auch, wenn du von extremem Sonnenlicht in dunkle Baumschatten eintauchst!
Nachschlagewerk: So geht das! Wie man was findet
Auch wenn das 1000PS Nachschlagewerk nicht auf einmal sondern bis Ende des Jahres immer weiter ergänzend erscheint, ist es am Ende eine große, einem Lexikon ähnliche, Database, in der man nach Kapiteln und Absätzen geordnet auf die häufigsten Fragen, die in den 1000PS-Foren in den letzten Jahren gestellt wurden, eine Antwort findet.
Die umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS im Überblick:
Entdecke unsere umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS, in der wir alle Aspekte des Motorradfahrens behandeln. Von der Wahl des richtigen Motorrads, über die korrekte Bedienung von Kupplung und Bremsen, bis hin zur optimalen Körperposition und Kurventechnik. Wir zeigen dir, wie du moderne Fahrassistenzsysteme nutzt, bei Nacht oder auf nasser Fahrbahn sicher fährst und sogar wie du Notmanöver meisterst. Egal ob du Anfänger bist oder deine Fähigkeiten verbessern möchtest, unsere Serie bietet wertvolle Tipps und Ratschläge für jeden Fahrer. Tauche ein in die Welt des Motorradfahrens mit 1000PS!
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Bericht vom 25.10.2024 | 4.340 Aufrufe