Mr. Hayabusa Wette

Jahrelange Vorbereitung, monatelanges Training. Doch es kam anders...
 

Wetten, dass…...es anders kommt ?

Es sollte der Höhepunkt der Saison 2010 werden für dieses Ziel hatten Mr. Hayabusa und sein Team monatelang gekämpft. Eigentlich hatten sie sogar jahrelang an der Präsentation und Machbarkeit ihrer spektakulären Wette für den ZDF-Quotenbringer Wetten, dass …? gearbeitet.

Als die dann angenommen und erstmals vorgeführt wurde, war es Herbst, und alles lief bestens. Der Stunt war zwar für sommerliches Wetter konzipiert, aber ein wenig kühlere Bedingungen würden auch nicht schaden.

Schließlich spielt ein massiver Eisklotz in der Wette eine entscheidende Rolle den zerteilen Elmar Geulen und sein Wettpartner Jürgen Köhler dann mit einer Kettensäge in zwei schuhgroße Quader, an denen Skibindungen montiert werden. So können die Eisklötze unter den Skistiefeln von Extrem-Inlineskater Jürgen Köhler befestigt werden, der sich dann mit den Händen an einem eigens dafür konstruierten Gestell am Heck der Renn-Hayabusa von Elmar Geulen festhält. Der Rest ist eine Frage von Balance, gut dosiertem Gas und starken Nerven die 225 PS starke Hayabusa soll Jürgen Köhler über eine Strecke von 1000 Metern ziehen und dabei über 200 km/h erreichen.

So war es geplant und trainiert und so hat es geklappt. Zweimal trafen sich das Wett-Team und Vertreter der ZDF-Produktionscrew vorab am Regionalflugplatz Meinerzhagen, der mit seiner ca. 1200 Meter langen Landebahn perfekte Voraussetzungen bot. Die Wette wurde für gut befunden und fest eingeplant. Dann die Bekanntgabe des Sendetermins 4.12.2010. Winter! Keiner konnte sagen, welche Bedingungen dann am 300 Meter über NN liegenden Flugplatz herrschen würden.

Gewissheit bekamen die Beteiligten am Donnerstag (2.12.2010), dem Tag an dem die endgültigen Proben und Drehvorbereitungen begannen. In klirrender Kälte mit Spitzen von 13 Grad minus. Menschen können sich durch warme und winddichte Kleidung den Umständen halbwegs anpassen. Aber eine hochgezüchtete Rennmaschine kann auf einer mit Eis bedeckten Piste nicht fahren. Da lag das Problem.

Die Enteisungs-Spezialisten vor Ort leisteten Übermenschliches, doch auch sie mussten unter besonders erschwerten Bedingungen arbeiten. Auf Start- und Landebahnen darf das üblicherweise eingesetzte Salzgranulat nicht angewendet werden, um Korrosionen an Flugzeugen zu vermeiden. Eine wichtige Sicherheitsbestimmung für den Flugverkehr aber eine große Schwierigkeit für die Enteiser.

So rückten sie dem hinterlistig glatten Asphalt mit einer 20prozentigen Salzlösung zuleibe. Die wirkt zwar effektiv, gefriert aber ab ca. 7 Grad minus und macht dann die Sache eher schlimm als gut. Genau das passierte am ersten Probetag. No GO! Es wird nicht gefahren kam die eindeutige Anweisung vom Produktionsleiter. Sicherheit geht vor, es geht um Menschenleben. Mit dieser Absage kamen die Zweifel. Würde die Wette überhaupt machbar sein? Was, wenn keine Wetterbesserung eintreten würde? Alles umsonst.

Es wurde eine lange und unruhige Nacht für das Wett-Team. Wieder und wieder gingen sie den theoretischen Ablauf der Wette durch.


200 km/h auf zwei Eisklötzen.


Freitag, 3.12.2010 Schon am Frühstückstisch im nahe gelegenen Hotel Wirth, wo die 38köpfige ZDF-Mannschaft und das Wett-Team Quartier genommen hatten, warfen wir bange Blicke aus dem Fenster. Es schien besser zu werden. Für 19.00 Uhr war der Beginn der Generalprobe angesetzt. Ein 1:1 Probelauf, in dem die komplette Sendung simuliert wird. Mit Liveschaltung zu Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker in die Sendehalle im 111 Kilometer entfernten Düsseldorf.

Wie in der Livesendung am darauf folgenden Samstag würde Thomas Gottschalk die magischen Worte Top die Wette gilt! sprechen, das Signal für Elmar Geulen und Jürgen Köhler, die Wette in Echtzeit vorzuführen. Wenn - ja wenn das Wetter es zulässt.
 
 
Die auf Freitagnachmittag angesetzte Vorhab-Probe würde wichtige Erkenntnisse bringen die erste und auch letzte Gelegenheit für Elmar und Jürgen, sich auf die tiefwinterlichen Bedingungen einzustellen, bevor es um 19.00 Uhr zur Generalprobe ernst werden würde.

Niemand konnte den beiden Eispiloten jetzt besser helfen als die Spezialisten vom Enteisungsteam. Und so suchten Elmar und Jürgen immer wieder den Kontakt zu den Männern, die mit schwerem Gerät einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen den Winter führten.

 
 
Dann geht alles sehr schnell. Die Strecke ist befahrbar jetzt muss die Probe zügig durchgezogen werden, bevor die Piste wieder kippt. Fünf Minuten haben die Kandidaten für den gesamten Ablauf der Wette: Den großen Eisblock auf den gläsernen Arbeitstisch wuchten; die Motorsäge anwerfen und zwei schuhgroße Quader zurechtsägen. Dann das Bohren einer der kritischen Punkte im Wettablauf. Das Eis war während der Trainings oft einfach auseinander geplatzt, wenn der Bohrer angesetzt und eingedreht wurde. Das war im Sommer/Herbst, wie würde es jetzt, bei bissigen Minustemperaturen sein?

Die Erfahrungen wurden bei mildem Wetter gemacht.


In die Bohrlöcher müssen dann per Akkuschrauber die Schrauben für die Skibindungen gedreht werden auch dabei hatte sich das Eis oft gesträubt. Alles bei tickender Stoppuhr, jeder Handgriff muss sitzen. Fünf Minuten sind sehr kurz, und die beiden können sich in ihren fest sitzenden Lederkombis alles andere als optimal bewegen. Zwischenzeitlich hält Mechaniker Daniel die schon laufende Suzuki Hayabusa bereit. Die Skibindungen mit den Eisquadern müssen unter Jürgens Skistiefel befestigt werden; dann heißt es für beide Helm auf! Handschuhe an! Festhalten, Jürgen! Und los! Soviel zur Theorie die Erkenntnisse stammen, wie gesagt, aus den herbstlichen Proben bei mildem Wetter. Hier jetzt, Anfang Dezember, herrscht klirrender Frost und alles ist anders.
 
 
Das Kommando zum Start kommt, und der Timekeeper drücke die Stoppuhr an. Schon nach einer Minute ist klar: wir hängen extrem. Die Säge frisst sich viel zu langsam in das minus 17 Grad kalte Eis. Jürgen muss mit maximalem Druck sägen der Glastisch, auf dem der Eisblock liegt, zerspringt mit einem hässlichen Geräusch.

Weiter machen, wir liegen zurück! Die Stoppuhr rennt erbarmungslos, während sich der Bohrer wie in Zeitlupe ins Eis dreht. Als die beiden Kandidaten damit beginnen, die Skibindungen festzuschrauben, hätten sie eigentlich schon längst am Motorrad sein müssen.

Die Fahrt beginnt wenige Sekunden vor Ablauf der Wettzeit und noch tausend Meter haben die beiden zu bewältigen. Elmar gibt Gas, und Jürgen krallt sich am Haltegestell fest. Sie wollen schaffen, was bereits aussichtslos ist. Auf halber Strecke platzt ein Eisquader unter Jürgens Fuß und zerspringt in tausend Stücke. Die Zeit ist lange um, als Jürgen auf nur einem Bein von der Hayabusa über die Ziellinie gezogen wird. Aus! Ein satter Schlag ins Wasser.

Top, die Wette gilt!


Enttäuschung auf der ganzen Linie. Auch die tröstenden Worte des ZDF-Teams helfen wenig: Kopf hoch, Jungs! Wir haben tolle Bilder genau was die Zuschauer wollen.

Kein Trost für zwei Extremsportler, die gewinnen wollen. Und in wenigen Stunden soll die Generalprobe sein, in deren Verlauf Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker die Wette erstmals zu sehen bekommen.

19.00 Uhr

Alle zum Verkabeln! Jetzt haben die Wettkandidaten einen Knopf im Ohr und hören, was in der Sendehalle in Düsseldorf abläuft. Die Moderatoren proben mit den Kandidaten der Saalwetten, und alles ist so, als wäre schon Samstag Abend.

Dann geht es los - Wir sind dran!. Als die Stimmen von Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker im Ohrhörer erklingen wird es ernst. Noch eine kurze Plauderei, ein schnell durch die Satellitenverbindung geschicktes Küsschen von Michelle an Elmar und Jürgen dann die berühmten Worte von Thomas Gottschalk: Top, die Wette gilt!

Es läuft viel besser. Zwar ist das Eis kaum zu bändigen und knirscht und knackt bei jeder Bohrung beängstigend, aber die beiden liegen gut in der Zeit. Wenn nur das Eis hält! deutlich zeigen sich grobe Risse. Egal, Abfahrt! Die Stoppuhr verheißt Gutes, aber wieder bricht das Eis unter einem Fuß. Jürgen halte durch!


Warum geht immer wieder das Eis kaputt?


Die Startcrew ist im Freudentaumel, doch nur langsam begreifen die beiden am Ziel, dass sie es geschafft haben. Die Wette ist gewonnen auch auf einem Bein! Und im Ohrhörer ein total euphorischer Thomas Gottschalk. Später erfahren wir vom ZDF-Team, dass er noch nie so begeistert reagiert hat. Die Welt ist schön!

Schnell finden Elmar und Jürgen zur Professionalität zurück. Krisensitzung, konstruktives Nachdenken. Warum geht immer wieder das Eis kaputt? Punkt für Punkt analysiert das Wettteam jede mögliche Schwachstelle. Das geht bis spät in die Nacht, dann haben sie klare Erkenntnisse und die nötigen Lösungen.

Samstag, 4.12.2010

Am Frühstückstisch geht es geheimnisvoll zu. Dann schwärmt das Team aus, um wichtige Besorgungen zu erledigen. Wir haben die Schwachstellen analysiert und müssen uns nun um Abhilfe kümmern. Mehr ist aus den beiden Kandidaten nicht heraus zu bekommen.

Nachmittags die letzte Probe vor der Livesendung. Sie verläuft absolut reibungslos. Bestzeit, beide Eisquader halten perfekt. Jetzt kann die Sendung kommen, wir werden Wettkönig! Eine Stunde später passiert, was niemand abwenden kann: Das Wetter schlägt brutal um. Dichter Schneefall, beängstigend schnell bildet sich auf der Wettpiste eine geschlossene Schneedecke. Unbeschreiblicher Frust breitet sich aus. Alles lief doch so gut.

 
 
Oben im Tower des Flugplatzes sitzt Betreiber Friedhelm Müllensieper am Wetter-Radar und runzelt die Stirn. Eine massive Schlechtwetterfront zieht auf. Niemand hätte geglaubt, dass der Drehort mit seinem Mammutaufgebot an Technik so schnell einschneien könnte. Als ich die Piste herunterblicke, kann ich nur noch zwei der zwanzig Lichtmasten erkennen, die das THW am Rand der Landebahn installiert hat. Der Rest verschwindet im Flockenwirbel. Fieberhaft versucht das Enteisungsteam gegen die Naturgewalten anzukämpfen. Fünf Räumfahrzeuge sind permanent auf der Piste unterwegs.

Im Pressezelt stellen sich Elmar Geulen und Jürgen Köhler mittlerweile den Fragen zahlloser Journalisten. Wird die Wette stattfinden können? niemand weiß das zu sagen, und selten galt mehr als jetzt: Die Hoffnung stirbt zuletzt Alle paar Minuten verlässt Elmar die Pressekonferenz und berät sich mit den Männern vom Enteisungsteam. Nichts ist jetzt wichtiger für ihn. Er ist für das Leben und die Gesundheit seines Wettpartners verantwortlich - und natürlich für sich selbst.

Fünf Räumfahrzeuge auf der Piste.


Als das Wettteam schließlich - mit Mikrofon und Ohrhörer verkabelt - in die Standby-Phase eintritt, ist die Spannung nicht mehr auszuhalten. Soviel hatten sie in den letzten Tagen entbehrt, gefroren, gehofft. Und jetzt? Vor dem Fenster des Produktionscontainers peitschen dichte Schneeflocken im Wind. Irgendwoher kommt plötzlich eine Stimme: Das müsst ihr sehen, das glaubt ihr nicht! Alle schliddern durch den Schnee zur Wettpiste und trauen ihren Augen nicht! Die Strecke ist absolut schnee- und eisfrei. Die Enteisungsmannschaft hat es geschafft. Professionalität? Glück? Magie? Egal. Wir können fahren! Ich habe Freudentränen in den Augen.
 
 
Minuten später erteilt das Leben uns allen eine grausame Lektion. Der Wettkandidat Samuel Koch hat sich während einer Actionwette in der Sendehalle schwer verletzt. Vor laufenden Kameras hat ein Millionenpublikum erlebt, welch hohes Risiko Extremsportler bei der Darbietung ihrer herausragenden Leistungen eingehen.

Für Elmar Geulen und Jürgen Köhler besteht von der ersten Sekunde an kein Zweifel: Aus Respekt und Achtung gegenüber ihrem Sportlerkollegen Samuel werden sie ihre Wette in dieser Sendung nicht performen. Das ZDF denkt genauso. Für persönliche Enttäuschung ist hier kein Platz. Alle vor allem Elmar und Jürgen sind mit ihren Gedanken, Gefühlen und besten Wünschen jetzt bei Samuel Koch und dessen Angehörigen.

The show must go on? Vielleicht. Aber ganz sicher nicht jetzt, wo das Schicksal eines mutigen Sportlers, eines jungen, hoffnungsvollen Menschen so ungewiss ist.


 

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Text & Bilder: EG

   
Autor

Bericht vom 14.12.2010 | 7.863 Aufrufe

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