BMW S 1000 R 2014 Test

Rückblick auf die erste S 1000 R von BMW

BMW S 1000 R: Vom Ersttest bis heute – Eine Dekade nackter Hochleistung.

von nastynils am 27.04.2025

Es kommt mir vor wie gestern, als ich inmitten ungewöhnlicher Winterkälte auf Mallorca stand. Die Kollegen der Printmedien machten lange Gesichter beim morgendlichen Blick aus dem Hotelfenster: 0,5 Grad, Schneematsch auf den Straßen und ein BMW-Guide, der uns mit ernster Miene vor den widrigen Bedingungen warnte. Damals, Ende 2013, sollte ich für 1000PS die nagelneue BMW S 1000 R testen BMWs ersten ernsthaften Vorstoß in die Klasse der Hochleistungs-Nakeds. Jene Fahrer, die im Vorfeld über die elektronischen Helferlein wie ABS und Traktionskontrolle gelästert hatten, wurden plötzlich still. Es würde ein Test der besonderen Art werden. Ich erinnere mich noch genau an diesen gespenstischen Ritt auf spiegelglattem Asphalt, der sich anfühlte wie Eislaufen mit 160 PS. Selbst im sechsten Gang, kaum über Standgas, schlingerte das Hinterrad bedrohlich. Doch während mein Adrenalinspiegel in die Höhe schoss, bewahrte die Elektronik der S 1000 R die Ruhe. Die damals revolutionäre Traktionskontrolle rettete mir gefühlt alle paar Sekunden das Leben, während ich mich den Berg hinaufkämpfte. Was die BMW-Ingenieure da geschaffen hatten, war eine technologische Meisterleistung: Sie verwandelten ihr kompromissloses Superbike S 1000 RR in ein zwar immer noch brutales, aber erstaunlich alltagstaugliches Nakedbike. Als sich am Nachmittag die Bedingungen besserten auf der anderen Seite der Insel zeigte sich sogar die Sonne offenbarte die S 1000 R ihre zweite Persönlichkeit. Mit 160 PS und einem vollgetankten Gewicht von nur 207 Kilogramm entpuppte sie sich als wahre Beschleunigungsbestie. In schnellen Kurven zog ich mit bis zu 180 km/h durch, während über Kuppen das Vorderrad unweigerlich in den Himmel stieg. Die große Frage, die mich damals beschäftigte: Spürt man die nominell 30 PS weniger gegenüber der RR? Im Sattel fühlte es sich kaum so an. Der Motor hatte dank eines modifizierten Nockenwellenprofils im mittleren Drehzahlbereich sogar 10 Nm mehr Drehmoment als der Supersportler und genau das machte die S 1000 R im Alltag so explosiv und spaßig. Was mich damals besonders beeindruckte, war die technologische Fülle. Mit den optionalen Sport- und Dynamik-Paketen verwandelte sich die S 1000 R in ein wahres Elektronikwunderwerk. Die Schräglagensensoren, das dynamische Traktionskontrollsystem (DTC) und vor allem das dynamische Fahrwerk (DDC) waren 2013 absolute Meilensteine in diesem Segment. "Insgesamt ein Jahr lang hat der Fahrwerksguru an der Abstimmung rumgemacht", verriet mir damals der BMW-Produktmanager Sepp Mächler. Diese Akribie zahlte sich aus in unterschiedlichsten Situationen verhielt sich das Bike vorbildlich, egal ob in engen Kurven, in der Stadt oder bei 240 km/h auf der Autobahn. Mein damaliges Fazit fiel eindeutig aus: Die S 1000 R setzte neue Maßstäbe im Segment der Hochleistungs-Nakeds. Mit ihrem überragenden Motor, dem exzellenten Fahrwerk und der fortschrittlichen Elektronik definierte sie die Kategorie neu. Doch wie hat sie sich über die Jahre geschlagen? Was sagen jene, die nicht nur zwei Tage auf Mallorca, sondern jahrelang mit dieser Maschine unterwegs waren?

Evolution statt Revolution: Von der ersten Generation bis heute

Bevor ich zu den Langzeiterfahrungen der Community komme, ein kurzer Blick auf die Evolution der S 1000 R. Die erste Generation, die ich 2013 testen durfte, blieb bis 2016 weitgehend unverändert. 2017 folgte dann ein größeres Update mit leichten optischen Änderungen, einer Euro4-Anpassung und kleinen technischen Verbesserungen. Die wirklich große Neuauflage kam dann 2021 mit der zweiten Generation, die deutlich leichter wurde und ein komplett neues Design erhielt. Doch hier möchte ich mich auf die erste Generation konzentrieren, die von 2014 bis 2020 gebaut wurde und heute einen interessanten Gebrauchtkauf darstellt. Wie hat sie sich über die Zeit bewährt? Um das herauszufinden, habe ich tief in Foren, soziale Medien und Besitzererfahrungen eingetaucht und was ich fand, bestätigte vieles von dem, was ich bereits beim Ersttest vermutete. Besonders interessant waren auch die Kommentare unter unserem YouTube Video von damals. 300.000 Leute haben sich das Video angesehen - viele davon haben das Video mit ihren Kommentaren bereichert.

https://youtu.be/iPNItx4CuH4?si=7FaF5Fd4rIJhjMcM

Die Community spricht: Langzeiterfahrungen mit der ersten Generation

"Nach 50.000 Kilometern kann ich sagen: Dieses Bike ist ein Juwel, das man nur aus meinen kalten, toten Händen bekommen würde." So oder ähnlich lesen sich zahlreiche Erfahrungsberichte von Langzeitbesitzern. Was damals als technologischer Vorsprung begann, hat sich über die Jahre zu einer Legende entwickelt allerdings mit einigen Einschränkungen, die erst im Langzeiteinsatz zutage traten. In Gesprächen mit Besitzern und nach Analyse der Beiträge unserer Community kristallisiert sich ein klares Bild heraus: Der Motor gilt selbst nach Jahren intensiver Nutzung als nahezu unzerstörbar. Die von BMW angegebenen Wartungsintervalle von 10.000 Kilometern werden von vielen als realistisch angesehen, wobei manche Vielfahrer empfehlen, den Ölwechsel etwas früher durchzuführen. Doch es gibt auch kritische Stimmen. Ein wiederkehrendes Thema in Besitzerberichten ist die Elektronik jenes Aushängeschild, das mich beim Test so begeisterte. "Die Elektronik ist genial, wenn sie funktioniert", fasst ein österreichischer Besitzer zusammen. Einige Nutzer berichteten von Ausfällen der ABS-Einheit, besonders bei Modellen der ersten Baujahre. BMW reagierte jedoch mit Kulanz und einem verbesserten Teil ab 2016. Auch das teure DDC-Fahrwerk sorgte für Diskussionen: Während es in den ersten Jahren allgemein gelobt wurde, zeigten sich bei manchen Vielfahrern nach 40.000 bis 50.000 Kilometern erste Ermüdungserscheinungen. Interessant ist auch der Blick auf die verschiedenen Ausstattungsvarianten. Bei meinem Test hatte ich damals eine vollausgestattete Version mit Sport- und Dynamik-Paket. Die Community ist sich einig: "Ohne DDC und DTC ist es nur halb so gut", schreibt ein langjähriger Besitzer unter unserem Video. Tatsächlich scheinen die Basismodelle weniger gefragt zu sein, was sich auch in den Gebrauchtpreisen widerspiegelt. Ein gut ausgestattetes Modell hält seinen Wert deutlich besser. Was kaum jemand bemängelt, ist die schiere Performance des Motors. Die 160 PS der ersten Generation gelten auch heute noch als mehr als ausreichend für nahezu jede Situation. Die Elastizität des Motors wird immer wieder hervorgehoben ein Aspekt, der mir schon beim Ersttest positiv auffiel. Ein wesentlicher Kritikpunkt, der aber nicht direkt das Motorrad betrifft, war die anfängliche Preisgestaltung. Mit knapp 13.000 Euro (Deutschland) für das Basismodell schien die S 1000 R zunächst ein Schnäppchen. Doch viele Käufer realisierten schnell, dass man für ein wirklich gut ausgestattetes Exemplar deutlich mehr auf den Tisch legen mussten.

Haltbarkeit, Wartung und typische Schwachstellen – die technische Langzeitanalyse

Nach mehr als zehn Jahren im Einsatz lässt sich ein fundiertes Urteil über die technische Langlebigkeit der ersten S 1000 R fällen. Der Vierzylinder-Reihenmotor gilt als extrem standfest, und selbst Exemplare mit über 100.000 Kilometern sind keine Seltenheit. Doch wie bei jedem Motorrad gibt es auch hier typische Schwachstellen, die sich über die Jahre herauskristallisiert haben. Bei den frühen Modellen (2014-2015) kam es vereinzelt zu Problemen mit der Lichtmaschine, was sich in plötzlichen Elektronikausfällen äußerte. BMW besserte hier stillschweigend nach. Ein weiterer bekannter Punkt ist die Kupplung, die bei sportlicher Fahrweise nach etwa 30.000 bis 40.000 Kilometern erneuert werden muss. Die Wartungskosten bewegen sich im oberen Mittelfeld teurer als japanische Mitbewerber, aber günstiger als etwa vergleichbare Ducatis. Ein großer Service inklusive Ventilspielkontrolle schlägt mit 500 bis 700 Euro zu Buche, je nach Werkstatt. Viele Besitzer berichten jedoch, dass sie zwischen den offiziellen Inspektionen selbst Hand anlegen der Motor ist vergleichsweise zugänglich, und Routinearbeiten wie Öl- und Filterwechsel lassen sich mit etwas Geschick selbst durchführen. Ein Thema, das in Foren immer wieder diskutiert wird, ist der Reifenverschleiß. Die enorme Leistung und das hohe Drehmoment fordern ihren Tribut, besonders am Hinterreifen. Besonders häufig werden Michelin Power 5, Bridgestone S22 und Pirelli Diablo Rosso Corsa II genannt alle mit einem Verschleißverhalten, das dem Leistungspotential des Motorrads angemessen ist. Die Bremsanlage von Brembo wird durchweg gelobt und gilt als absolut standfest. Selbst bei intensivem Einsatz auf der Rennstrecke werden keine Probleme berichtet. Die Bremsbeläge halten je nach Fahrweise zwischen 10.000 und 15.000 Kilometer, die Bremsscheiben deutlich länger. Was die Elektronik betrifft, so gibt es neben den bereits erwähnten ABS-Problemen bei Frühmodellen vereinzelt Berichte über Ausfälle des Bordcomputers. Diese treten jedoch selten auf und wurden bei Garantiefällen anstandslos behoben. Ein wiederkehrendes kleines Ärgernis sind die Blinkrelais, die gelegentlich ihren Dienst quittieren ein günstiges Ersatzteil, aber lästig im Alltag. Die Verfügbarkeit von Ersatzteilen ist selbst zehn Jahre nach Markteinführung exzellent. Selbst für die erste Generation bekommt man noch alle relevanten Teile ohne lange Wartezeiten. Das gilt besonders für Verschleißteile, aber auch für spezifischere Komponenten wie Elektronikteile oder Verkleidungselemente.

Der Gebrauchtmarkt: Preisentwicklung und was man beim Kauf beachten sollte

Zehn Jahre nach dem Marktstart hat sich auf dem Gebrauchtmarkt eine interessante Dynamik entwickelt. Die erste Generation der S 1000 R (2014-2020) ist mittlerweile zu einem attraktiven Preis erhältlich, bleibt aber erstaunlich wertstabil. Ein gepflegtes Exemplar aus dem letzten Produktionsjahr 2020 mit voller Ausstattung kostet noch immer um die 11.000 bis 12.000 Euro ein Indiz für die anhaltende Beliebtheit des Modells. Besonders interessant für preisbewusste Käufer sind jedoch Modelle der Baujahre 2015 bis 2017. Hier bekommt man viel Motorrad fürs Geld, typischerweise zwischen 7.000 und 9.000 Euro, je nach Ausstattung und Zustand. Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten aktuell die 2016er und 2017er Modelle. Die Verfügbarkeit auf dem Gebrauchtmarkt ist gut, aber nicht überwältigend. Die S 1000 R verkaufte sich solide, aber nicht in Massen wie etwa die GS-Modelle. Ein Blick in den 1000PS Markt zeigt typischerweise ausreichend Angebote deutschlandweit, mit Tendenz zur Abnahme in den Sommermonaten, wenn die Nachfrage steigt. Worauf sollte man beim Kauf besonders achten? Die Community ist sich einig: Die Ausstattung ist entscheidend. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Wartungshistorie. Vor allem die Ventilspielkontrolle alle 20.000 Kilometer sollte nachweislich durchgeführt worden sein. Typische Verschleißpunkte, die man prüfen sollte, sind die bereits erwähnte Kupplung, die Qualität der Bremsflüssigkeit (sollte alle zwei Jahre gewechselt werden) und natürlich der allgemeine Zustand der Elektronik. Ein guter Tipp ist, alle elektronischen Systeme durchzutesten insbesondere die verschiedenen Fahrmodi und bei ausgestatteten Modellen das DDC. Ein weiteres Augenmerk sollte auf Sturz- oder Unfallschäden gelegt werden. Die S 1000 R verleitet mit ihrer Leistung zum sportlichen Fahren, und nicht jeder Vorbesitzer konnte dieser Versuchung widerstehen. Kratzspuren an Lenkerenden, Fußrasten und Verkleidung sind typische Indikatoren für einen Sturz. Bei zweifelhaften Fällen lohnt sich ein Blick auf die Gabelholme Kratzer hier können teure Folgeschäden verursachen. Die Laufleistung spielt bei der S 1000 R eine untergeordnete Rolle, solange die Wartung stimmt. Diese Einschätzung teilen viele in der Community der Motor gilt als extrem langlebig, solange er gut gepflegt wurde.

Fazit: BMW S 1000 R 2013

NASTYNILS

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Die BMW S 1000 R überzeugt auf ganzer Linie und ist deutlich mehr als nur eine nackte Version der S 1000 RR. Mit einem eigenen Charakter, mehr Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich und erstklassiger Elektronik setzt sie neue Maßstäbe im Segment der Hochleistungs-Nakeds. Das Gesamtpaket aus brutaler Performance, hervorragendem Fahrwerk und praxistauglicher Alltagsnutzung macht sie zu einem der besten Naked Bikes überhaupt - und das zu einem überraschend fairen Preis.


  • Brutale Performance mit 160 PS
  • Hervorragendes DDC-Fahrwerk
  • Für ein Nakedbike erstaunliche Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten
  • Perfekte Elektronik mit feinfühligem DTC
  • Gutes Preis/Leistungs-Verhältnis
  • Charakter trotz Perfektion
  • Zu kleine Schrift der Fahrmodianzeige im Display
  • Für BMW-Traditionalisten zu extremes Auftreten
  • Ohne Ausstattungspakete fehlen wichtige Elektronikfeatures
  • Bei voller Ausstattung geht der Preisvorteil verloren

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