Alpine Scrambler - Fantic Caballero 700 vs Ducati Scrambler Icon

Test & Vergleich der Ducati Scrambler Icon & Fantic Caballero 700

Bei den Alpenmasters 2023 im italienischen Südtirol konnten wir allerhand Motorräder testen, darunter auch zwei Italo-Scrambler. Wie gut lassen sich Südtiroler Pässe mit zwei Retro-Nakeds bezwingen?

Alpenmasters 2023: In Kooperation mit Europas größter Zweiradzeitschrift MOTORRAD war es wieder einmal Zeit ein breites Portfolio an Motorrad-Neuheiten auf ihre Alpentauglichkeit zu überprüfen. Ausgehend vom MoHo Pure Mountain Resort Paradies in Sulden am Ortler traten 16 Bikes in Paaren gegeneinander an. Neben dem Rennen um den Alpenmaster selbst, wozu ihr alle Details in den MOTORRAD Heften 15/23, 16/23 & 17/23 nachlesen könnt, wurden die Motorräder auch einzeln von uns getestet. Neben großen 30L-Reiseenduros, kleinen agilen Naked-Bikes und Elektro-Tourern waren auch zwei italienische Scrambler im Hochgebirge unterwegs. Und nun stellt sich die interessante Frage, auf welcher man die anspruchsvollen Pässe rund um den Stelvio besser überfahren kann.

Unterschiedliche Konzepte, gleicher Fahrspaß - Fantic Caballero 700 vs. Ducati Scrambler Icon im Vergleich

Die Fantic Caballero 700 beeindruckt mit ihrem 689 cm³ großen CP2-Reihenzweizylindermotor von Yamaha, der auch im Lizenzbau Qualitäten zeigt. Dieser Motor liefert trotz einer überschaubaren Leistung von 71 PS und 70 Nm beeindruckenden Druck aus dem Drehzahlkeller, was für gute Beschleunigung aus engen Kurven und dadurch breite Grinser unter dem Helm sorgt. In höheren Drehzahlbereichen lässt die Leistung nach, vielleicht sogar etwas stärker als beim originalen CP2-Motor von Yamaha. Bei niedrigen Drehzahlen kann es zu leichten Lastwechseln kommen, doch danach ermöglicht er eine äußerst präzise Dosierung des Gasgriffs.

Leistungsvergleich Ducati Scrambler Icon versus Fantic Caballero 700
Die Kollegen von MOTORRAD haben es überprüft. Zwischen den beiden Scramblern liegen tatsächlich nicht viele Pferdchen.

Mit 77 PS und 67 Nm Drehmoment ist die Ducati Scrambler Icon eine Spur stärker als ihre Gegnerin. Sie ist mit einem 803 cm³ 90°-V2-Motor ausgestattet, der zwar bei niedrigen Drehzahlen weniger Druck bietet, aber in der Mitte und obenrum mehr Leistung entfaltet. Dies führt dazu, dass man in sportlichen Kurven und engen Kehren dazu neigt, die Ducati einen Gang tiefer zu fahren als die Fantic. Der CP2-Motor der Fantic bewältigt selbst die engsten Kurven im zweiten Gang und beschleunigt danach kräftig, während der V2-Motor der Ducati eher in der oberen Drehzahlhälfte gehalten werden möchte. Mit dem optionalen Quickshifter der Ducati kann man jedoch am Kurvenausgang mühelos durch die Gänge peitschen. Ein weiterer Unterschied liegt im Klang: Der CP2-Motor der Fantic erzeugt ein bauchiges Bollern, während es bei der Ducati sportlich aus dem Endtopf röhrt. Vor allem bei geschlossenem Gas lässt die Scrambler Icon aber beachtliches Sprotzeln ertönen und bietet damit den aufregenderen Klang, ohne laut oder penetrant zu sein. Beide Motoren machen viel Spaß und können auf kurvenreichen Straßen voll ausgekostet werden.

Vergleich der Sitzposition - Fantic Caballero 700 vs. Ducati Scrambler Icon

Die Fantic Caballero 700 bietet eine sportliche Fahrerposition. Die Hände ruhen auf einem nahezu geraden, leicht entfernten Lenker, der Oberkörper ist etwas nach vorne geneigt, was einen Hauch von Sportlichkeit erzeugt. Der Kniewinkel ist angenehm, und die Sitzhöhe von 830 mm für eine Scrambler angemessen. Auf der Ducati Scrambler Icon hingegen fühlt man sich eher wie auf einem Cruiser. Die Hände greifen nach einem nach oben gebogenen Lenker, und die Füße finden auf weit vorne platzierten Fußrasten Halt. Die Sitzhöhe von 790 mm ist sehr niedrig, sodass selbst Fahrer mit kürzeren Beinen bequem den Boden erreichen können.

Diese eigene Ergonomie harmoniert sehr gut mit dem Handling der Scrambler. Die Ducati Scrambler Icon zeigt sich äußerst agil, insbesondere dank des hohen Lenkers und ihrer breiten Reifen. Im Gegensatz zur Fantic, die vorne einen 110er Reifen auf einer 19-Zoll Felge und hinten einen 150er Hinterradreifen auf einer 17-Zoll Felge verbaut hat, setzt die Ducati auf 18-Zoll Vorderrad und einen dicken 180er Schlappen am Heck. Sie fällt förmlich in die Schräglage und lässt sich mühelos in die Kurven drücken. Allerdings kann es bei Bodenwellen zu Unruhe im Fahrzeug kommen, da das weiche Fahrwerk hier an seine Grenzen stößt. Die Fantic Caballero 700 ist im direkten Vergleich etwas träger, was wahrscheinlich auf ihre größeren Raddimensionen zurückzuführen ist. Sie ist mit 188 kg im fahrfertigen Zustand auch minimal schwerer als die 185 kg schwere Ducati.

Fahrwerk und Bremsen im Vergleich - Fantic Caballero 700 vs. Ducati Scrambler Icon

Die Bremsen verrichten auf beiden passabel ihren Dienst. Beide setzen auf Brembo Systeme mit dem gleichen Aufbau. Beide beschränken sich auf Einscheibenbremsen an der Front. Diese packen nicht übermäßig zu, doch mit etwas Voraussicht reicht es auch bei der Talfahrt auf steilen Pässen. Die Bremse der Ducati ist eine Spur feiner dosierbar und präziser, Verzögerungswunder sind jedoch beide nicht.

Auch beim Fahrwerk sind sich beide Motorräder sehr ähnlich mit identen Federwegen von 150 mm vorne und hinten. Das Kayaba Fahrwerk der Ducati ist hinten noch zusätzlich in der Zugstufe einstellbar, das Marzocchi Federbein der Fantic nur in der Federvorspannung. Beide Federungen kommen bei sportlicher Fahrt auf welligem Untergrund ins Schwingen und sind eher komfortabel abgestimmt. Auch bei stärkerem Beschleunigen und vor allem beim ambitionierten Bremsen bergab auf steiler Passstraße geht das Fahrwerk in die Knie, auf der Fantic ist das aufgrund des weiter oben am Motorrad positionierten Fahrers noch deutlicher spürbar. Doch Ducati und Fantic sind beide handlich und leicht genug, um auch über schlechten Belag ohne viel Aufwand gesteuert zu werden.

Echte Scrambler sind offroadtauglich? - Fantic Caballero 700 vs. Ducati Scrambler Icon im Vergleichstest

Die Schräglagenabhängige Systeme und Fahrmodi, die beide Kontrahentinnen des Vergleichs mit an Bord haben, sind bemerkenswert in dieser Klasse von Motorrad. Die Ducati ist mit ihrer elektronischen Gasannahme und dem schickeren Display eine Spur moderner, doch die wesentlichen Dinge, wie die Bedienung und Funktionsweise der Elektronik, funktioniert bei beiden einwandfrei und einigermaßen intuitiv. Bei den Fahrmodi offenbart sich durch den Offroad-Modus der Caballero auch, dass sie das Scrambler-Thema etwas ernsthafter angeht.

Für wen eine Scrambler auch im losen Gelände unterwegs ist, für den punktet die Fantic mit ihrem 19-Zoll Vorderrad, einem Offroad-Fahrmodus, deaktivierbaren Assistenzsystemen und dem stolligen Pirelli Scorpion Rally STR als Serienreifen. Dies macht sie wesentlich offroadtauglicher als die Ducati Scrambler Icon. Dennoch kann die Scrambler Icon dank ihrem Pirelli MT60 RS auch auf leichtem Schotter noch Spaß machen. Im Gegensatz dazu kippen die Reifen der Fantic am Asphalt etwas mehr in Schräglage, was nicht jedermanns Sache ist. Die Pneus der Ducati fahren sich auf der Straße runder.

Fazit zum Vergleich Fantic Caballero 700 vs. Ducati Scrambler Icon in den Alpen

Bild von Vauli
Vauli

"Ein Scrambler ist ja grundsätzlich ein sehr wendiges Bike mit gemütlicher Sitzposition und ausreichenden Federwegen für schlechte Straßen. So auch die Ducati Scrambler Icon und die Fantic Caballero 700, womit sich die beiden natürlich für die engen, verwinkelten und oftmals schlechten Straßen in den Alpen bestens eignen. Allerdings gehen die Motoren mit rund 75 PS dann doch etwas mau ans Werk und man „verhungert“ auf langen Geraden zwischen den Kehren ein wenig. Geht es aber auch da rein um den Spaß am Fahren ohne Zeitmessung, sind die beiden eine echte Alternative. Vor allem sind die die Sitzpositionen auf beiden gelungen. Ich persönlich sitze sogar auf der Ducati noch ein wenig bequemer als auf der Fantic. Was mich wundert, sind die Bremsen - warum muss ein Scrambler immer eine Einzel-Bremsscheibe haben? Die Anlagen sind für Einzelscheiben zwar gut dosierbar und packen brav zu, zwei Scheiben würden es aber gewiss besser machen."

Das Scrambler-Konzept bringt ein paar Eigenheiten mit, an denen man sich nicht stören darf. Gleichzeitig bieten diese zwei Italienerinnen mit ihren spaßigen Motoren, gelungener Ergonomie und agilem Handling auch ein Gesamtpaket, welches auf Tagesausflügen in den Alpen für breite Grinser sorgen kann. So stylisch und zugleich spielerisch fährt man nur auf wenigen über Pässe.

Fazit: Ducati Scrambler Icon 2023

Ducati hat es geschafft, die Scrambler Icon auf ein neues Niveau zu heben. Mit zahlreichen Retuschen an den wichtigsten Stellen wurde alte Störfaktoren behoben und neue Highlights geschaffen. Wer ein optisch ansprechendes Motorrad sucht, das einfaches und intuitives Fahrverhalten bietet, sollte die 2023er Scrambler Icon ins Auge fassen


  • Ansprechverhalten des Motors
  • geringe Hitzeentwicklung
  • stabiles und einfaches Fahrverhalten
  • Elektronikpaket
  • neues Display
  • große Auswahl an Farben
  • Ein Motorrad mit optischer Schokoladenseite

Fazit: Fantic Caballero 700 2023

Die Fantic Caballero 700 ist eine kleine Mogelpackung - aber eine richtig schlaue! Der Motor der feschen Italienerin stammt nämlich aus Japan und treibt dort als CP2 bekannt, Erfolgsmodelle wie die MT-07 oder Tenere 700 an. Dementsprechend agil und quirlig geht die Fantic mit ihren 188 Kilo fahrfertig ans Werk. Dazu ein angenehm einfaches Handling und eine gemütliche Sitzposition gepaart mit einer hinreißend authentischen Optik - fertig ist der richtig gute Scrambler. Da die Reifen grundsätzlich gut funktionieren und lediglich das größere 19 Zoll-Vorderrad ein noch agileres Handling verhindert, geht auch hier das Festhalten am Scrambler-Stil voll in Ordnung.


  • agiler und zuverlässiger CP2-Motor von Yamaha
  • bequeme Sitzposition
  • gute, alltagstaugliche Pirelli-Bereifung
  • hinreißend authentische Scrambler-Optik
  • Kurven-ABS
  • Nur eine Einzelscheibenbremse vorne
  • Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage

Bericht vom 21.09.2023 | 31.024 Aufrufe

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts