Bilder: Husqvarna Svartpilen 125 2021 Test
Auf den kurvigen Straßen in und rund um Barcelona zeigt die Svartpilen 125 was sie kann. Sie ist eine Fusion aus zwei Motorrädern, fühlt sich dabei eigentlich gar nicht wie eine 125er an. Alle Details und Informationen zur Svartpilen 125 findet ihr im Bericht.
Beim Motorradfahren geht es, zumindest für mich, deutlich mehr um Emotionen und Gefühle, als um technische Daten. Wenn ein Motorrad Emotionen weckt und sich einfach leiwand anfühlt, dann kann das technische Defizite oder Nachteile am Papier ausgleichen. Auch die Hersteller versuchen uns potentielle Kunden bei den Emotionen zu packen. Husqvarna richtet sich mit der Svartpilen 125 an "Urban Explorers", die nach Unabhängigkeit und Abenteuer streben.
Schon im PR-Video sieht man eine lässig gekleidete Dame mit Skateboard auf dem Rücken zwischen Fabrikhallen aus Backstein herumdüsen.
In Kombination mit dem Design der Svartpilen 125 wird das Bild des urbanen Entdeckers noch verstärkt. LED-Lichtelemente in klassischen Formen, hoher Lenker für eine sehr aufrechte Sitzposition und natürlich Reifen mit Stollen-Profil. Es geht fast schon in Richtung Scrambler.
Aber ein Blick in das technische Datenblatt offenbart eine Bodenfreiheit von nur 145 mm, noch einmal 30 mm weniger als bei der sportlichen KTM 125 Duke. Es geht also vor allem um Style und Coolness.
Auch wenn das offroadige Abenteurer-Image in der Realität wohl nur von wenigen gelebt werden wird, bleibt die Svartpilen 125 ein echt gutes A1-Motorrad. Der Hauptgrund dafür: Sie profitiert vom Baukasten-System von Husqvarna und Konzernpartner KTM.
Sie ist eine Fusion aus zwei Motorrädern. Der Motor mit 15 PS bei 9.500 U/min und 12 Nm bei 7.500 U/min stammt von der KTM 125 Duke. Der Großteil der sonstigen Komponenten kommt aber von der Svartpilen 401. Rahmen, Reifen, Bremssysteme und Fahrwerk sind quasi ident zwischen Svartpilen 125 und 401. Der Vorteil davon: Es fühlt sich alles wertig, qualitativ und nach einem größeren Motorrad, als "nur" einer 125er an.
Das WP Apex Fahrwerk mit 142 mm Federweg hinten und vorne hat beim Import auf die Svartpilen 125 zwar leider die Einstellungsmöglichkeiten verloren, doch es ist sehr gut auf das Gewicht des kleineren schwarzen Pfeils eingestellt. Bei leichter Kompression federt es sanfter und weicher, wodurch die meisten Schläge beim entspannten Cruisen angenehm ausgebügelt werden. Taucht die Gabel weiter ein, wird die Dämpfung aber härter, was eine saubere Kurvenlage und vertrauensschaffendes Handling bei ambitionierter Gangart ermöglicht.
Vertrauen schaffen auch die Bremsen. Die 320 mm Einzelscheibe vorne mit 4-Kolben-Bremszange und die 230 mm Scheibe mit 2-Kolben-Bremszange, beides von Brembos hauseigener Marke für kleinhubige Motorräder ByBre, verzögern kräftig und gut dosierbar.
Das soll hier nicht in Lobhudelei ausarten, aber die Performance der von der 401er übernommenen Komponenten kommt spürbar aus einer höheren Motorrad-Klasse und fühlt sich dadurch auch nach mehr als einem 125-Kubik-Motorrad an.
Hinzu kommt noch das edle Äußere und eine gewisse Liebe zum Detail. Überall sind kleine Husqvarna-Logos eingefräst, gestickt oder aufgemalt. Der matte Lack macht Eindruck und Kleinigkeiten, wie zum Beispiel das farbige Oval an den Seiten des Ölkühlers, machen dann in Summe ein auch optisch hochwertiges Gesamtpaket aus.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich die Svartpilen weder wie ein 125er-Bike anfühlt, noch so aussieht. Aber der Import der Bauteile aus einer höheren Hubraum-Klasse bringt auch Nachteile mit sich.
In diesem Punkt geht meine Meinung mit der mancher Journalisten-Kollegen hier bei der Präsentation der Svartpilen 125 etwas auseinander. Weniger wegen den Fakten an sich, sondern eher wie viel Gewicht diesen Negativ-Punkten zuzuschreiben ist. Es ist nun mal so, dass die Komponenten von der 401 für ein 400er-Motorrad dimensioniert sind.
"Überdimensioniert für die kleine Svartpilen" meinen manche Kollegen. Das wirkt sich negativ auf das Gewicht aus. Mit 146 kg trocken ist die Svartpilen 125 das schwerste Motorrad ihrer Klasse und ganze 7 kg schwerer als die 125 Duke. Bei einer Leistung von nur 15 PS macht das schon was aus.
Aber, und hier gehen die Meinungen auseinander, wie tragisch ist das? Die Performance-orientierten Tester sehen es als großes Problem. Der unschöne Begriff "Eisenschwein" machte die Runde. Aber ich sehe es eher so, dass schon allein durch den Look, das Image und die Sitzposition, Hobby-Racer nicht zur Svartpilen 125 greifen werden.
A1-Piloten, welche in ihrer Klasse die schnellsten und sportlichsten sein wollen, greifen ziemlich sicher sowieso eher zur Duke oder anderen Straßenperformance-orientierten 125ern und nicht zur Neo Classic, leicht Scrambler-mäßigen Svartpilen.
Meiner Einschätzung nach richtet sich die Svartpilen 125 eher an Individualisten, als an Racer. Der Look ist schon ein Alleinstellungsmerkmal in der 125er-Klasse und kann durch einen umfangreichen Zubehörkatalog noch mehr personalisiert werden.
Aber sie sieht nicht nur gut aus! Selbst erfahrene Tester hatten auf der Svartpilen mächtig Spaß, der coole Stollenreifen bietet auch am Asphalt sehr guten Grip und mit dem Supermoto-Modus, bei dem das ABS des Hinterrads deaktiviert wird, lässt es sich so richtig unvernünftig Spaß haben.
Wenn sich sämtliche Huqvarna-Mitarbeiter und ernsthafte Tester im dichten Verkehr Barcelonas wie 16-jährige aufführen, dann kommt der Fahrspaß offensichtlich nicht zu kurz. Nur im direkten Duell mit der leichteren Konkurrenz hat man wohl das Nachsehen.
Aber nicht falsch verstehen: Das Gewicht ist nur für eine 125er recht hoch. Vergisst man die anderen Modelle, dann ist die Svartpilen 125 noch immer ein sehr leichtes Bike, welches sich spielerisch von einem Radius in den nächsten werfen lässt.
Den Individualisten dürfte der leichte Gewichtsnachteil recht egal sein. Stattdessen können sie sich über die hochwertigen Komponenten und einen einzigartigen, sehr coolen Look freuen.
Fazit: Die Husqvarna Svartpilen 125 erbt zahlreiche Bauteile von ihrer großen 401er-Schwester und den Motor von der KTM 125 Duke. Die von der 401er importierten Komponenten sind hochwertig, sorgen aber auch für recht hohes Gewicht (für eine 125er).
Trotzdem macht sie mächtig Spaß, vor allem der Supermoto-Modus lässt das innerliche Kind hervorkommen. Mit ihrer Sitzposition, der edlen Optik und dem höheren Gewicht ist sie eher etwas für Individualisten, als für Hobby-Racer.
Sucht man ein einzigartiges A1-Bike, welches sich wie ein vollwertiges Motorrad anfühlt und auch so aussieht, dann ist die Svartpilen 125 ein heißer Kandidat.
Galerie von: 1000PS Internet GmbH
hochgeladen am 02.03.2021