Mit altem Triebwerk der Zeit voraus That is it! Geneigten Lesern
diverser Custombike-Magazine ist Mario Baer bestens als Sieger und Preisträger
famoser Wettbewerbe bekannt als innovativer Kreativling in Sachen Modifikation
von eigentlich völlig unaufgeregten Motorrädern. Dabei bringt der ewige Yamaha
XVS650-Motor dem rührigen Handelsvertreter einer bekannten Ski-Marke und Vater
einer dreijährigen Tochter immer wieder aufs Neue Glück und Freude. Sein
Know-how, vor allem sein Ideenreichtum, das treibt ihn immer wieder zu neuen
Erfindungen und Kreationen an. Die Idee für diesen Entwurf hatte ich, als ich
mal wieder im Stau stand. Flugs war die neueste Erfindung auf einem Notizzettel
zu Papier gebracht. Da sag noch einer, Staus wären der wirtschaftliche Fauxpas. Fluxkompensator
Mario baut seine Custombikes auch nur nebenbei, in seiner raren Freizeit und
dann auch nur in der Sommerlaube hinterm schnuckeligen Zweifamilienhaus in
Lippstadt-Bökenförde. Dabei gehts dann auch immer gleich eins zu eins ran ans
lebende Objekt, sprich: Zuerst strippe ich das Motorrad, sitze da stundenlang
vor und bastele mit Pappschablonen eine Form ans Krad, solange bis es mir
wirklich passt. Das Konzept ging bisher jedes Mal auf, vor allem der Leitsatz:
Ich habe nicht vor, mich jemals zu wiederholen. Wenn ich ein neues Custombike
aufbaue, dann muss sich das grundlegend vom Vorgänger unterscheiden. Außerdem
auch möglichst von allem bisher da Gewesenen in der ganzen Szene! Dieses Mal
und wieder mit einer Yamaha XVS 650, die als solche sowieso nicht mehr erkennbar
ist, gelang ihm der Scoop mehr als je zuvor. Die Szene-Insider der schreibenden
Zunft stehen manchmal mit gerunzelter Stirn davor, während sich das Volk beim
Bikertreff am Baggersee nach Ankunft der Lowstar jedes Mal zu einem
regelrechten Massenauflauf formiert, bei dem die Leute fast aus dem Häuschen
geraten.
All-Star-Renner
Dieses Mal schwebte mir was vor im Stile der frühen NASCAR-Stock-Cars. Tief,
breit, flach, mit einer Auspuffanlage, die wie die tief angebrachten Side-Pipes
an diesen Rennkarren wirken. Zudem wollte ich die Schwinge möglichst weitläufig
sichtbar lassen. Und da ich mir bereits zig Mal hab sagen lassen müssen, dass
das Krad wegen der breiten 330er TTS-Felge hinten ja sicherlich keinen
Seitenständer mehr benötigen würde, sollte diese Fahrmaschine dann auch
tatsächlich ohne auskommen können, grinst Mario verschmitzt vor sich hin.
Nachdem der gelernte Kfz-Mechaniker sowieso schon versiert das eine oder andere
Auto modifizierte, griff er gleich mal zu einem in dieser Branche bekannten
Hilfsmittel, zu einem Arride-System, mit dem er pneumatisch das Fahrzeug
absenken und hoch pumpen kann. Ganz wie es ihm beliebt. Auf diese Weise kann die
Lowstar runter bis zum Aufliegen auf ihren Rahmen abgesenkt und somit
freihändig geparkt werden. Dann sitzt der mächtige Bugspoiler knapp über dem
Asphalt. Der dicke Batzen von Hinterrad wirkt sozusagen erdend, der knappe
Fender oben drauf wirkt wie angegossen. Das eigens angefertigte Sitzpolster mit
dem Heckbürzel hat die Funktion, dem Fahrer beim Anfahren nach hinten hin Halt
zu geben, damit er nicht einfach wegrutschen kann. |
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Bike Of Tomorrow
Beim Blick seitlich auf die lang und tief bauende Erscheinung, wird die
harmonische Silhouette der Yamaha augenscheinlich, wirkt diese gesamte Linie
doch wie eine auf- und abschwellende Welle über die gesamte Länge. Der
Hahnenkamm, also der Aufbau auf dem Tank als höchster Bereich auf dem
Kraftrad, den stellte Mario eigenhändig aus Gfk her. Der einzige plastiline Part
des Bodywork trägt über den Tank hinaus zur Linienführung des Gesamt-Ensembles
bei. Schließlich endet dieser geschmeidig geformte Widerrist gleich oberhalb des
Lenkkopfes, trägt an seiner Spitze den stark modifizierten Hypercharger und
verdeckt somit von hinterwärts betrachtet sogar die fast unsichtbare
Moto-Gadget-Instrumentierung zwischen den knappen Lenkerstummeln. Alle anderen
Body-Parts stellte der Hobby-Designer komplett aus Metallblechen her. Überaus
imposant aber keineswegs überproportional wirkt da das Flankenblech noch vor dem
Hinterrad, das trotz seiner Großflächigkeit dennoch Ausblick auf die eher zart
gestaltete Schwinge und den Kardan bietet.
Wie zur Rechten so zur Linken…
Über 15 Zentimeter länger als Standard präsentiert sich
die Schwinge. Die Abdeckungen verbergen nun auch das statische Element aus
Vierkantrohr, das der Heckbefestigung am unteren Rahmen dient. Die Flanken sind
dermaßen ausladend formiert, dass hier auch die gesamte Elektrik dahinter und
unter dem Heck Raum und Herberge finden konnte. Und weil Mario nichts dem Zufall
überlässt, dabei auch keinerlei Platz verschwenden mag, ebenso wie er auch
herausragende Gegenstände am Krad völlig vermeiden will, da erfand er für die
fulminante Tiefbettfelge auch gleichzeitig den Parkplatz für das in Deutschland
immer so unsäglich herausragende Nummernblech.
Im Ruhezustand verschwindet das gebogene Blech einfach in
dem Felgenkranz mittels einer Schiene, wie sie auch eine Küchenschublade zieren
könnte. Alles mit dem Segen des TÜV versehen, versteht sich, rühmt Mario seine
vielen kleinen Ideen, die zusammengenommen das harmonische Ganze ergeben. Selbst
die Blinker verschwanden in den Lufteinlässen des üppigen, aber nicht
überbordenden Blechkleides. Das Rücklicht wird gar erst im hoch gepumpten
Zustand der Fahrbereitschaft sichtbar. Nichts sollte die gleitende Linie, das
ganze schwungvolle Ambiente stören.
Im Stand soll die Lowstar schon kämpferisch wirken und
wie zum Sprung nach vorne gerichtet ihre Angriffslust offenbaren. Geduckt wie
eine Raubkatze sieht diese Fahrmaschine sogar von beiden Seiten gleich gut aus,
ist Mario von der Umsetzung seiner Idee völlig überzeugt und rundum glücklich
damit. Und damit sich das optische Leistungsvermögen auch in die Tat umsetzen
lässt, addierte Mario zuletzt auch noch eine voll aktive NOS-1-Anlage mitsamt
Sniptec-System an das Kraftrad mit dem bereits betagten Twin. Das sollte dieser
Fahrmaschine bestens auf die Sprünge helfen, deren eigentliche Altertümlichkeit
völlig überdeckt von ihrem extremen Äußeren ihrer Zeit eher weit voraus
ausschaut. Jetzt müssen nur noch die Auskenner möglichst bald hinterher kommen. |
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MODELL |
Yamaha XVS 650 |
BAUJAHR |
1999 |
ERBAUER |
Mario Baer |
MOTOR |
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Modifikationen: |
Scharfe Nockenwelle, Lachgaseinspritzung und
SNIPTEC Motoroptimierung |
Elektrik: |
Angepasst und hinter Flankenflächen verlegt |
Luftfilter: |
Hypercharger, schwer gekürzt |
FRONT |
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Gabel: |
Original Gabel, Gabelcover Eigenbau und
tiefergelegt |
Gabelbrücken: |
Original |
Lenker: |
Stummellenker, modifiziert und formal angepasst |
Instrumente: |
Moto-Gadget |
Tank/Cover: |
Eigenbau mit Luftfilterhutze |
Maske: |
MT 03 |
Scheinwerfer: |
MT 03 |
Lampenhalter: |
Eigenbau |
Blinker: |
In die Lufteinlässe integriert |
Rücklicht: |
Erst sichtbar, wenn das Bike hoch gepumpt ist. |
Fender: |
Eigenbau |
Spoiler: |
Eigenbau aus Metall |
Verkleidung/Bodywork: |
Eigenbau |
RAHMEN |
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Original, durch Schwinge verlängert |
HECK |
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Heckrahmen: |
Eigenbau |
Höcker: |
Eigenbau, Sitzpolster vom Sattler angefertigt |
Auspuff/Krümmer/Endtopf: |
Komplett Eigenbau, trennbar im vorderen Bereich
als Abbaumöglichkeit, führt zweiläufig hinten rechts heraus aus dem
Rahmen |
Fußrastenanlage: |
Eigenbau |
Schwinge: |
Eigenbau, 15 Zentimeter länger als Original |
Federbein: |
Airride-System |
Bremsanlage: |
Thunderbike |
REIFEN/RÄDER/GRÖSSEN |
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Felge vorne: |
130/70-17 TTS-Felge |
Felge hinten: |
330/30-17 TTS-Felge |
Reifen: |
Avon |
Lackierung: |
Berger Form & Farbe |
Sonstiges: |
NOS-1-Anlage von Peter Schroer, Duisburg,
nachträglich angebaut, voll funktionstüchtig. |
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